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Tiny Tim
24.04.2020, 13:03
Sehr schön (Max Goldt eh super). Ich bin fast uneingeschränkt seiner Meinung.

Und wie hältst Du es hiermit?

Ich verabscheue es, in Filme zu gehen, die nicht synchronisiert sind. Ich spreche zwar ziemlich gut Englisch, aber in Filmen werden oft Slangausdrücke verwendet, oder es geht um Themen, mit denen man sich normalerweise nie beschäftigt, so daß ich doch mancherlei nicht auf Anhieb verstehe. Auch ein Engländer versteht kein Wort, wenn eine ungelernte schwarze Pfannkuchenbraterin aus Kansas City über die Mühsal ihres Lebens spricht. So amüsiert es mich, wenn ich Leute, von denen ich weiß, daß sie erheblich schlechter Englisch sprechen als ich, sagen höre, es sei grundsätzlich besser, Filme in der Originalfassung zu sehen. So bringen sie sich, dem Diktat des cineastischen Snobismus hörig, um den halben Spaß. Gerade weil Film ein visuelles Medium ist, sollte es einem vergönnt sein, den Dialogen so mühelos und nebenbei wie möglich zu folgen. Nichts als eine schäbige Notlösung ist das Untertiteln. Da wird der Zuschauer gezwungen, mit seinem Blick an der unteren Bildkante zu verharren, so daß er außerstande ist, seine Aufmerksamkeit der Bildkomposition zu widmen. Alfred Hitchcock sagte, ein Film verliere fünfzehn Prozent seiner Kraft, wenn er untertitelt ist, aber nur zehn Prozent bei guter Synchronisation. Ich würde die erste Zahl durch fünfzig ersetzen und die zweite durch fünf.

Max Goldt, aus: Der Sonderoscar für prima Synchronisation geht in diesem Jahr an den Film 'Fünf stattliche Herren und ein Flockenquetschen-Selbstbau-Set', Dezember 1993

support4lena
24.04.2020, 14:44
Und wie hältst Du es hiermit?

Die Frage war zwar nicht an mich gerichtet, aber ich erdreiste mich trotzdem zu antworten. :D
Ich stimme hundertprozentig zu. Ich bin wirklich sehr vertraut mit amerikanischem Englisch. Ich habe für ein Jahr in den USA gelebt, und die letzten 20 Jahre meiner beruflichen Tätigkeit haben sich zu 95% auf Englisch abgespielt, geschrieben und gesprochen. Trotzdem verstehe ich in den meisten amerikanischen Filmen höchstens 2/3 der Dialoge, es sei denn, es handelt sich um zwei Personen in einem Zimmer. Sogar in deutschen Filmen verstehe ich oft längst nicht das gesamte Genuschel bei lauten Außengeräuschen plus Musik. Auf Englisch noch etwas weniger.

Ach ja: Untertitel gehen gar nicht.

Tiny Tim
24.04.2020, 14:52
Ich stimme hundertprozentig zu.

Ich neunundneunzigprozentig. ;) Ich bin nämlich der Meinung, dass die meisten deutschen Synchronisierungen ausgezeichnet sind, oft sogar lebendiger als der Originalton (z.B. bei den Simpsons, bei denen man den Originalton sowieso fast nicht versteht). Ich weiche lediglich bei Untertiteln leicht ab; gelegentlich kann ich die nämlich durchaus goutieren, aber das hängt vom Einzelfall ab.

Doktor Landshut
24.04.2020, 14:56
Sogar in deutschen Filmen verstehe ich oft längst nicht das gesamte Genuschel bei lauten Außengeräuschen plus Musik. Auf Englisch noch etwas weniger.

Ach ja: Untertitel gehen gar nicht.

Das ist leider eine Unart bei vielen neueren Produktionen und nicht nur bei Filmen mit Til Schweiger.;) Obwohl ich über einen TV mit exzellenter Ton-Wiedergabe verfüge und diversen Einstellmöglichkeiten, verstehe ich manche Dialog-Passagen, die möglicherweise wichtig sind, um der Handlung folgen zu können, nicht und muss - falls vorhanden - "Untertitel für Hörgeschädigte" aktivieren.

esiststeffen
24.04.2020, 15:30
Ich bin auch ein Verfechter von Synchronfassungen und bin regelrecht beruhigt, dass offenbar nicht nur ich es so sehe ;)


Allerdings gibt es eine Beobachtung, die ich mit euch teilen möchte, und bei der ich gespannt bin, ob es nur mir so geht: Ich vermeine zumindest bei Filmen der Gegenwart einen Unterschied wahrzunehmen, ob der Film aus dem Englischen oder einer anderen Sprache (z.B. Französisch) synchronisiert wurde. Letztere wirken auf mich mitunter blecherner und künstlicher. Liegt das daran, dass Hollywood-Produktionen mit mehr Aufwand synchronisiert werden als europäische Produktionen? Oder kann die Sprachmelodie des Englischen im Deutschen "natürlicher" wiedergegeben werden als die anderer Sprachen? Oder ist es doch nur meine Einbildung?? :gruebel:


Übrigens gibt es neben Synchronisation und Untertiteln auch noch eine dritte Variante, fremdsprachige Filme zu übersetzen: In der ehemaligen Sowjetunion und in Polen ist es üblich, dass die Dialoge durch einen einzelnen Sprecher per Voiceover wiedergegeben werden, während die Originalsprache leise im Hintergrund zu hören ist. Das finde ich irgendwie erst recht weird... ;)

Doktor Landshut
24.04.2020, 15:37
@esiststeffen: Eine gute Synchronisation ist teuer und fällt insbesondere bei weniger umsatzträchtigen Film-Importen entspr. Sparmaßnahmen zum Opfer.

Thophi
24.04.2020, 15:38
Die Frage war zwar nicht an mich gerichtet, aber ich erdreiste mich trotzdem zu antworten. :D
Ich stimme hundertprozentig zu. Ich bin wirklich sehr vertraut mit amerikanischem Englisch. Ich habe für ein Jahr in den USA gelebt, und die letzten 20 Jahre meiner beruflichen Tätigkeit haben sich zu 95% auf Englisch abgespielt, geschrieben und gesprochen. Trotzdem verstehe ich in den meisten amerikanischen Filmen höchstens 2/3 der Dialoge, es sei denn, es handelt sich um zwei Personen in einem Zimmer. Sogar in deutschen Filmen verstehe ich oft längst nicht das gesamte Genuschel bei lauten Außengeräuschen plus Musik. Auf Englisch noch etwas weniger.

Ach ja: Untertitel gehen gar nicht.

Was ist das Problem mit Untertiteln?

steffen3
24.04.2020, 15:42
Ja, aber...deutsche Synchronisationen sind oft (wenn nicht sogar meistens, eigentlich immer) absolut grausam. Gestelzt, übertrieben, eigenartig übersetzt, mit aufgesetztem, absurdem Tonfall und völlig unglaubwürdiger Sprachmelodie. So redet in echt kein einziger Mensch. Im direkten Vergleich merkt man auch, dass enorme Anteile der Stimmung eines Filmes verloren gehen.

Peter M. aus V.
24.04.2020, 15:47
Dass man die Augen auf die Untertitel richten muss und somit keinen Blick mehr für das visuelle Ganze hat.

j_easy
24.04.2020, 15:51
Ja, aber...deutsche Synchronisationen sind oft (wenn nicht sogar meistens, eigentlich immer) absolut grausam. Gestelzt, übertrieben, eigenartig übersetzt, mit aufgesetztem, absurdem Tonfall und völlig unglaubwürdiger Sprachmelodie. So redet in echt kein einziger Mensch. Im direkten Vergleich merkt man auch, dass enorme Anteile der Stimmung eines Filmes verloren gehen.

Ja, z.B. Trolls. Lena redet völlig unnatürlich :ugly:

support4lena
24.04.2020, 15:55
Was ist das Problem mit Untertiteln?

Das steht doch im Originalpost von Tiny Tim: das Auge klebt ständig am unteren Bildrand, so dass man den Bildern des Films nicht mehr mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit folgen kann. Gelinde gesagt. Ich finde das furchtbar.

Klar, wenn es ein koreanischer Film mit Originalton ist, habe ich auch lieber Untertitel als gar nix. ;)


Ja, aber...deutsche Synchronisationen sind oft (wenn nicht sogar meistens, eigentlich immer) absolut grausam. Gestelzt, übertrieben, eigenartig übersetzt, mit aufgesetztem, absurdem Tonfall und völlig unglaubwürdiger Sprachmelodie. So redet in echt kein einziger Mensch. Im direkten Vergleich merkt man auch, dass enorme Anteile der Stimmung eines Filmes verloren gehen.

Das empfinde ich nicht so. Natürlich gibt es schlecht synchronisierte Filme, so wie es auch deutsche Filme mit völlig unnatürlicher Sprache gibt. Aber im Großen und Ganzen finde ich deutsche Synchronisationen von US-Filmen ausgezeichnet. Wir gelten eh als Weltmeister im Dubbing.

bates
24.04.2020, 16:08
@Tiny Tim & alle: Hier halte ich es anders als Max Goldt. Ich bevorzuge Filme & Serien entschieden im Original (mit Untertiteln). Und ich glaube von mir sagen zu können, dass mir der von Goldt unterstellte Snobismus fremd ist. Zumal man z.B. auf Filmfestivals wie der Berlinale ohnehin keine Wahl hat. Ich blicke ja nicht auf Leute herab, die Synchro bevorzugen, und kann die Beweggründe auch verstehen. Und es stimmt auch, dass deutsche Synchros inhaltlich inzwischen ziemlich gut sind – früher waren sie oft schrecklich, z.B. bei Leones Once Upon A Time in the West wird die Handlung teils regelrecht verfälscht (abgesehen davon, dass schon der dt. Titel "Spiel mir das Lied vom Tod" ein reiner Fantasiename ist, der nichts mit dem Film zu tun hat, aber deutsche Verleihtitel sind dann nochmal ein Kapitel für sich).

Aber auch die beste deutsche Synchronisation bringt zwei unersetzliche Verluste mit sich: 1) Die Originalstimme des Schauspielers. Die Stimme, die Aussprache, die Klangfarbe sind nun einmal ein zentraler Bestandteil des Schauspiels. Um mal zwei Beispiele aus von mir geschätzten Serien zu nennen: Man kennt Tony Soprano und Walter White nicht wirklich, wenn man die Sprechstimmen von James Galdofini (genial!) und Bryan Cranston nicht hört. (Gerade hier sind die dt. Synchronsprecher wirklich langweilig) Oder diplomatischer formuliert: Man lernt andere Figuren kennen. 2. Die Originalsprache. Ein Film ist ja auch immer eine Reise in eine andere Welt, mit einer bestimmten Atmosphäre, einem bestimmten Look, bestimmten Farben, einem bestimmten Klang. Die dort gesprochene Sprache ist davon ein originärer Bestandteil, der in der Synchro einfach getilgt wird. Je weiter eine Sprache vom Deutschen entfernt ist, desto deutlicher fällt das auf. Bei asiatischen Filmen wie z.B. Parasite finde ich den Effekt geradezu grotesk, wenn Koreaner oder Japaner plötzlich mit deutschen Synchronstimmen anfangen zu reden, die Figuren kommen mir da regelrecht vergewaltigt vor. Ich bewundere jeden, dem das nichts ausmacht, aber ich halte das keine fünf Minuten durch.

Natürlich sind Untertitel auch nicht das Gelbe, gerade bei dialogreichen Filmen ist die Wahl zwischen Synchro und OmU eine zwischen Pest und Cholera. Aber auch hier bevorzuge ich im Zweifel die Cholera. Zugegeben: Ich finde es auch nicht so schlimm, wenn ich irgendein Handlungsdetail nicht gleich verstehe; das kann ich ja später noch nachlesen.

Tiny Tim
24.04.2020, 16:13
...

Danke für die ausführliche Antwort. :) Aber wie hältst Du es mit Goldts Argument, dass der visuelle Genuss verloren geht und damit die visuelle Kraft des Films?

support4lena
24.04.2020, 16:15
Zugegeben: Ich finde es auch nicht so schlimm, wenn ich irgendein Handlungsdetail nicht gleich verstehe; das kann ich ja später noch nachlesen.

Dann hätte ich einen Tipp: lies stattdessen das Buch. :P

bates
24.04.2020, 16:27
Danke für die ausführliche Antwort. :) Aber wie hältst Du es mit Goldts Argument, dass der visuelle Genuss verloren geht und damit die visuelle Kraft des Films?

Das ist die Cholera, ja. Aber das ist von Fall zu Fall verschieden, wie sehr das ins Gewicht fällt. Sagen wir mal: Bei einem Action-Thriller, bei dem ohnehin wenig gesprochen wird und man das meiste auch ohne Untertitel versteht, fällt es kaum ins Gewicht. Um mal den größtmöglichen Gegensatz zu konstruieren: ein extrem dialoglastiger Film mit vielen Plotpoints, bei dem man kein Detail verpassen darf, weil man sonst nicht mehr mitkommt – und bei dem zugleich visuell jede Menge los ist, jede Einstellung ein Gemälde. Also, in dem Fall würde ich zumindest bei der Erstsichtung wohl zähneknirschend auch eine Synchro vorziehen.

Tiny Tim
24.04.2020, 16:31
Das ist die Cholera, ja. Aber das ist von Fall zu Fall verschieden, wie sehr das ins Gewicht fällt. Sagen wir mal: Bei einem Action-Thriller, bei dem ohnehin wenig gesprochen wird und man das meiste auch ohne Untertitel versteht, fällt es kaum ins Gewicht. Um mal den größtmöglichen Gegensatz zu konstruieren: ein extrem dialoglastiger Film mit vielen Plotpoints, bei dem man kein Detail verpassen darf, weil man sonst nicht mehr mitkommt – und bei dem zugleich visuell jede Menge los, jede Einstellung ein Gemälde. Also, in dem Fall würde ich zumindest bei der Erstsichtung wohl auch eine Synchro vorziehen.

Kann ich gut nachvollziehen. The Big Lebowski habe ich z.B. schon in jeder denkbaren Variante angeschaut, allerdings doch öfter in deutscher Synchronisation als im Original, und letzteres sowohl mit als auch ohne Untertiteln.

Übrigens ist The Big Lebowski für mich auch ein Paradebeispiel für einen glänzend synchronisierten Film.


Wir gelten eh als Weltmeister im Dubbing.

:daumen:

Doktor Landshut
24.04.2020, 17:00
Was bei einer Synchro leicht verloren geht, ist die wahrgenommene Individualität der Charaktere, weil man deren deutsche Stimmen leicht mit anderen bekannten Film-Figuren assoziiert, denen Synchronsprecher ihre Stimme leihen.
Ein früher sehr bekannter Synchronsprecher war Arnold Marquis, der u.a. John Wayne seine versoffene Reibeisenstimme lieh. Andere Figuren, die er synchronisierte, erinnerten einen dann immer an Filme mit John Wayne und bekamen dann so einen unfreiwilligen Western-Touch.
Heute ist beispielsweise Sky Dumont neben seiner schauspielerischen Arbeit ein gefragter Synchron- und Kommentarsprecher und jedes Mal, wenn ich seine Stimme in einem synchronisierten Film höre, denke ich an Pralinenwerbung.;)

bates
24.04.2020, 17:10
Es gibt natürlich auch Fälle, wo die dt. Synchro einen Eigenwert bekommt. So habe ich mir sagen lassen, dass die nicht nur bei Kindern einst sehr beliebten Bud-Spencer-&-Terence-Hill-Filme in der deutschen Fassung deutlich lustiger seien als die italienischen Originale (ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen). Ein bekannter und zugleich wohl extremer Fall ist die britische Krimiserie The Persuaders! mit Tony Curtis und Roger Moore, die in Deutschland als Die 2 lief. Die Serie wurde hierzulande zum Kult wegen der flapsigen Sprüche, die die beiden Hauptfiguren ständig zum Besten gaben. Davon war im deutlich ernster angelegten Original nichts vorhanden - die Synchro ist keine "Übersetzung" mehr, sondern schafft etwas Eigenes. (Als Kind fand ich das super, aber ich hätte ein bisschen Angst vor einer Wiedersichtung. ;))

Doktor Landshut
24.04.2020, 17:17
Lustig fand ich auf einem Flug nach Australien mit Singapore Airlines, als im Bord-TV eine malayisch synchronisierte Fassung von Derrik lief, in der Horst Tapperts Stimme klang, als hätte er Kreide gefressen.:D

Thophi
24.04.2020, 17:26
Das steht doch im Originalpost von Tiny Tim: das Auge klebt ständig am unteren Bildrand, so dass man den Bildern des Films nicht mehr mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit folgen kann. Gelinde gesagt. Ich finde das furchtbar.


Ich schaue häufig Filme im Original mit Untertitel und ich hatte damit noch nie ein Problem, zumindest hatte ich noch nie das Gefühl das ich die Bilder nicht mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit verfolgen würde. Das ist mMn reine Übungs- und Gewohnheitssache. Und selbst wenn ich das Problem hätte, wäre mir das im Zweifelsfall lieber, als Teile der Handlung zu verpassen, weil ich nicht alles 100% verstehe.

esiststeffen
24.04.2020, 17:29
Aber auch die beste deutsche Synchronisation bringt zwei unersetzliche Verluste mit sich: 1) Die Originalstimme des Schauspielers. Die Stimme, die Aussprache, die Klangfarbe sind nun einmal ein zentraler Bestandteil des Schauspiels. Um mal zwei Beispiele aus von mir geschätzten Serien zu nennen: Man kennt Tony Soprano und Walter White nicht wirklich, wenn man die Sprechstimmen von James Galdofini (genial!) und Bryan Cranston nicht hört. (Gerade hier sind die dt. Synchronsprecher wirklich langweilig) Oder diplomatischer formuliert: Man lernt andere Figuren kennen. 2. Die Originalsprache. Ein Film ist ja auch immer eine Reise in eine andere Welt, mit einer bestimmten Atmosphäre, einem bestimmten Look, bestimmten Farben, einem bestimmten Klang. Die dort gesprochene Sprache ist davon ein originärer Bestandteil, der in der Synchro einfach getilgt wird. Je weiter eine Sprache vom Deutschen entfernt ist, desto deutlicher fällt das auf. Bei asiatischen Filmen wie z.B. Parasite finde ich den Effekt geradezu grotesk, wenn Koreaner oder Japaner plötzlich mit deutschen Synchronstimmen anfangen zu reden, die Figuren kommen mir da regelrecht vergewaltigt vor. Ich bewundere jeden, dem das nichts ausmacht, aber ich halte das keine fünf Minuten durch.

Natürlich sind Untertitel auch nicht das Gelbe, gerade bei dialogreichen Filmen ist die Wahl zwischen Synchro und OmU eine zwischen Pest und Cholera. Aber auch hier bevorzuge ich im Zweifel die Cholera. Zugegeben: Ich finde es auch nicht so schlimm, wenn ich irgendein Handlungsdetail nicht gleich verstehe; das kann ich ja später noch nachlesen.

Alles Argumente, die ich auch als Synchronverfechter gut nachvollziehen kann. Aber gerade weil man eben m.E. sowohl für als auch gegen die Synchronisation berechtigte Argumente liefern kann, finde ich es wichtig, die Wahl zu haben. Spätestens seit Beginn des DVD-Zeitalters, und jetzt in Zeiten der Streamingdienste erst recht, hat man die ja. Aber gerade von jüngeren, akademisch gebildeten Menschen liest man seither häufig, wie sehr OmU dem Synchronisieren überlegen sei – was mir, ähnlich wie Goldt, nicht nur manchmal ebenfalls etwas snobistisch erscheint, sondern was mich auch befürchten lässt, die Studios könnten sich den Aufwand der Synchronisation irgendwann sparen und sie würde auf diese Weise schleichend aussterben. Für mich wäre das in der Tat der Verlust einer ganzen Kultur.

Doktor Landshut
24.04.2020, 17:35
... sondern was mich auch befürchten lässt, die Studios könnten sich den Aufwand der Synchronisation irgendwann sparen und sie würde auf diese Weise schleichend aussterben. Für mich wäre das in der Tat der Verlust einer ganzen Kultur.

Und existenzbedrohlich für viele Schauspieler*innen, die sich mit Synchronarbeit über Wasser halten.

esiststeffen
24.04.2020, 17:44
Und existenzbedrohlich für viele Schauspieler*innen, die sich mit Synchronarbeit über Wasser halten.

Richtig, das fällt für mich mit unter "Verlust einer ganzen Kultur", aber danke für die Verdeutlichung! :)

david davidson
24.04.2020, 17:57
@Tiny Tim & alle: Hier halte ich es anders als Max Goldt. Ich bevorzuge Filme & Serien entschieden im Original (mit Untertiteln). Und ich glaube von mir sagen zu können, dass mir der von Goldt unterstellte Snobismus fremd ist. Zumal man z.B. auf Filmfestivals wie der Berlinale ohnehin keine Wahl hat. Ich blicke ja nicht auf Leute herab, die Synchro bevorzugen, und kann die Beweggründe auch verstehen. Und es stimmt auch, dass deutsche Synchros inhaltlich inzwischen ziemlich gut sind – früher waren sie oft schrecklich, z.B. bei Leones Once Upon A Time in the West wird die Handlung teils regelrecht verfälscht (abgesehen davon, dass schon der dt. Titel "Spiel mir das Lied vom Tod" ein reiner Fantasiename ist, der nichts mit dem Film zu tun hat, aber deutsche Verleihtitel sind dann nochmal ein Kapitel für sich).

Aber auch die beste deutsche Synchronisation bringt zwei unersetzliche Verluste mit sich: 1) Die Originalstimme des Schauspielers. Die Stimme, die Aussprache, die Klangfarbe sind nun einmal ein zentraler Bestandteil des Schauspiels. Um mal zwei Beispiele aus von mir geschätzten Serien zu nennen: Man kennt Tony Soprano und Walter White nicht wirklich, wenn man die Sprechstimmen von James Galdofini (genial!) und Bryan Cranston nicht hört. (Gerade hier sind die dt. Synchronsprecher wirklich langweilig) Oder diplomatischer formuliert: Man lernt andere Figuren kennen. 2. Die Originalsprache. Ein Film ist ja auch immer eine Reise in eine andere Welt, mit einer bestimmten Atmosphäre, einem bestimmten Look, bestimmten Farben, einem bestimmten Klang. Die dort gesprochene Sprache ist davon ein originärer Bestandteil, der in der Synchro einfach getilgt wird. Je weiter eine Sprache vom Deutschen entfernt ist, desto deutlicher fällt das auf. Bei asiatischen Filmen wie z.B. Parasite finde ich den Effekt geradezu grotesk, wenn Koreaner oder Japaner plötzlich mit deutschen Synchronstimmen anfangen zu reden, die Figuren kommen mir da regelrecht vergewaltigt vor. Ich bewundere jeden, dem das nichts ausmacht, aber ich halte das keine fünf Minuten durch.

Natürlich sind Untertitel auch nicht das Gelbe, gerade bei dialogreichen Filmen ist die Wahl zwischen Synchro und OmU eine zwischen Pest und Cholera. Aber auch hier bevorzuge ich im Zweifel die Cholera. Zugegeben: Ich finde es auch nicht so schlimm, wenn ich irgendein Handlungsdetail nicht gleich verstehe; das kann ich ja später noch nachlesen.

Exakt so sehe ich das auch.

Zum Glück gibt es aber genügend englische Filme und Serien, die man auch ohne Untertitel im Originalton schauen und zu 99% verstehen kann. Breaking Bad, Better Call Saul, The Office (übrigens ein Paradebeispiel einer Serie, die in der deutschen Synchro absolut überhaupt nicht funktioniert) fallen mir da spontan ein. Ich versuche es meistens so zu halten, aber wenn Nebengeräusche/Genuschel/Dialekte/schnelle, unverständliche Sprechweisen zu sehr überhand nehmen, weiche ich auf Untertitel aus. In der Synchro geht mir einfach zu viel verloren; die nehme ich nur bei Filmen/Serien, wo mir der der "Reingenuss" sowieso nicht so wichtig ist. ;)

gauloises
24.04.2020, 17:57
1) Die Originalstimme des Schauspielers. Die Stimme, die Aussprache, die Klangfarbe sind nun einmal ein zentraler Bestandteil des Schauspiels. Um mal zwei Beispiele aus von mir geschätzten Serien zu nennen: Man kennt Tony Soprano und Walter White nicht wirklich, wenn man die Sprechstimmen von James Galdofini (genial!) und Bryan Cranston nicht hört. (Gerade hier sind die dt. Synchronsprecher wirklich langweilig) Oder diplomatischer formuliert: Man lernt andere Figuren kennen.

Zieh Dir mal Jimmy McGill fünf Minuten lang synchronisiert rein. Das ist ein Unterschied ums Ganze. Er wirkt wie ein Hampelmann – was dieser Charakter definitiv nicht ist, trotz seiner auch tragischen Seiten.

Bis vor wenigen Jahren schaute ich auch fast nur synchronisierte Filme und Serien. Aber seitdem ich mich sukzessive herangetastet habe, will ich es nicht mehr missen. Die wesentlichen Vorteile wurden bereits aufgezählt. Gibt übrigens Länder, da kennt man NUR Untertitel ;).

Kann man mir ein Beispiel nennen, wo ein Film sehr bildgewaltig ist und gleichzeitig komplexe Dialoge hat? Wenn ich an Avatar, oder um ein ganz anderes Beispiel zu nehmen, an The Neon Demon denke, zweifelsohne Filme mit größter visueller Wucht, wird gerade dann, wenn das Bild "reinhaut", so gut wie gar nichts gesprochen.

Last not least, auch ich schaue im Einzelfall aus bestimmten Gründen einen Film oder eine Serienfolge synchronisiert. Ich bin da kein Ultra. Aber meistens fahre ich mit der Originalfassung deutlich besser.

tobago
24.04.2020, 18:14
Kommt auf die Art der Dialoge an. Ich hab mir auf Tobago mal Good morning, Vietnam im Original angesehen (war einfach mal Zeit für 'ne Relax-Pause :D), und das schnelle Sprechen hat mein Sprachverständnis doch einigermaßen überfordert...

support4lena
24.04.2020, 18:41
Ein amerikanischer Bekannter von mir, der in Deutschland auf Besuch war, hat sich mal fast totgelacht, als er ALF deutsch sprechen hörte.

Gegenbeispiel Kommissar Beck. An seine Synchronstimme, die ich immer sehr angenehm fand, hatte ich mich gewöhnt. Als ich dann Peter Haber zum ersten Mal in einer anderen Rolle unsynchronisiert gehört habe (er spricht ja sehr gut deutsch), war ich unangenehm berührt.

bates
24.04.2020, 19:42
Bis vor wenigen Jahren schaute ich auch fast nur synchronisierte Filme und Serien. Aber seitdem ich mich sukzessive herangetastet habe, will ich es nicht mehr missen. Die wesentlichen Vorteile wurden bereits aufgezählt. Gibt übrigens Länder, da kennt man NUR Untertitel ;-).

Das sind sogar die meisten. – Ansonsten verlief das bei mir ähnlich wie bei Dir, und die Umgewöhnung war zunächst nicht mal ganz freiwillig. Das Kino "Arsenal" in Berlin z.B. (der Pilgerort für filmhistorisch Interessierte schlechthin) zeigt seit jeher alles nur OmU, das heißt bei vielen Filmen dann also: entweder so oder gar nicht. Aber irgendwann erreicht man dann einen point of no return, an dem man Synchronfassungen möglichst nicht mehr sehen will.



Zum Glück gibt es aber genügend englische Filme und Serien, die man auch ohne Untertitel im Originalton schauen und zu 99% verstehen kann. Breaking Bad, Better Call Saul, The Office (übrigens ein Paradebeispiel einer Serie, die in der deutschen Synchro absolut überhaupt nicht funktioniert) fallen mir da spontan ein.;)

Ich habe da trotzdem die Untertitel auch immer an, für den Fall der Fälle ;). Sprechen ja auch nicht alle Figuren gleich deutlich.

Ein nochmal anderer Fall ist die Krimiserie The Wire. Sie spielt in Baltimore, alle Figuren sprechen den dortigen Slang, und zwar so heftig, dass selbst nicht-ortsansässige Amerikaner teils kaum ein Wort verstehen. Dummerweise ist die Serie auch sehr komplex, sodass man schnell verloren ist, wenn man nicht alles versteht. Zugleich ist aber der Slang ein unverzichtbarer Teil dieser Welt (The Wire "ist" praktisch Baltimore, die Stadt ist der Protagonist); ein paar auf Deutsch geguckte Minuten fühlten sich völlig falsch an. Bei deutschen Untertiteln wiederum hatte auch ich hier das Problem des "festklebenden Blicks". Ich habe die Serie dann so geguckt, wie es wohl die meisten Amis auch gemacht haben: auf Englisch mit englischen Untertiteln. Diese habe ich nicht so mitgelesen wie deutsche (also als Übersetzung), sondern sozusagen lediglich als Verschriftlichung des gesprochenen Textes im Sichtfeld – und das hat gut funktioniert. (The Wire ist übrigens, nebenbei bemerkt, großartig. Man braucht wegen der irrwitzig vielen Figuren und Plotlines etwas, um reinzukommen, aber dann wird es ganz großes – und hochspannendes – Welttheater.)

steffen3
24.04.2020, 19:49
Eine Sache, die mir u.a. immer negativ auffällt ist, dass die Tonqualität der Umgebungsgeräuschkulisse extrem leidet, wenn eine Synchro drübergesetzt wird. Ich finde, man hört deutlich, dass die Stimmen und der Hintergrund zwei "Spuren" sind.

david davidson
24.04.2020, 20:06
Eine Verständnisfrage zur Diskussion hier hätte ich noch: Wenn wir von Untertitel sprechen, dann sind doch wohl englische Untertitel gemeint, oder? (Deutsche Untertitel für englische Filme wären ja nochmal ein ganz eigener Mindfuck, finde ich. :D)

Doktor Landshut
24.04.2020, 20:15
Eine Verständnisfrage zur Diskussion hier hätte ich noch: Wenn wir von Untertitel sprechen, dann sind doch wohl englische Untertitel gemeint, oder? (Deutsche Untertitel für englische Filme wären ja nochmal ein ganz eigener Mindfuck, finde ich. :D)

Verstehe ich nicht. In die jeweiligen Landessprachen übersetzte Dialoge ausländischer Filme, für die es keine Synchronfassungen gibt, sind doch der Sinn von Untertiteln.:hmm:

Oder bist Du der Meinung, dass nur des Englischen oder einer anderen Fremdsprache Mächtige das Recht haben sollten, beim Betrachten ausländischer Filme zu verstehen, was da gesprochen wird?

david davidson
24.04.2020, 20:29
Verstehe ich nicht. In die jeweiligen Landessprachen übersetzte Dialoge ausländischer Filme, für die es keine Synchronfassungen gibt, sind doch der Sinn von Untertiteln.:hmm:

Für Sprachen, die man nicht spricht, ist da auch nichts dagegen einzuwenden*. Aber bei englischem Originalton und deutschen Untertiteln? In der Kombi wird man doch gezwungen, in zwei Sprachen gleichzeitig zu denken. Man hört das eine und liest das andere, und verarbeitet zeitgleich beides im Kopf. Das ist mir definitiv zu konfus und stressig, ich halte englische Filme keine 5 Minuten mit deutschen Untertiteln aus.

Obiges gilt natürlich nur, wenn man halbwegs des Englischen mächtig ist. Ist wie beim Autofahren, sobald man den Führerschein hat kann man auch als Beifahrer nicht mehr NICHT mental mitfahren. ;)



* wobei ich auch anderssprachige Filme gern mit englischen Untertiteln (statt deutschen) sehe, einfach weil die Übersetzungsqualität meistens besser ist.


PS: Ich habe mal eine Umfrage hinzugefügt. ;)

Doktor Landshut
24.04.2020, 20:36
Für Sprachen, die man nicht spricht, ist da auch nichts dagegen einzuwenden*. Aber bei englischem Originalton und deutschen Untertiteln? In der Kombi wird man doch gezwungen, in zwei Sprachen gleichzeitig zu denken. Man hört das eine und liest das andere, und verarbeitet zeitgleich beides im Kopf. Das ist mir definitiv zu konfus und stressig, ich halte englische Filme keine 5 Minuten mit deutschen Untertiteln aus.

Obiges gilt natürlich nur, wenn man halbwegs des Englischen mächtig ist. Ist wie beim Autofahren, sobald man den Führerschein hat kann man auch als Beifahrer nicht mehr NICHT mental mitfahren. ;)



* wobei ich auch anderssprachige Filme gern mit englischen Untertiteln (statt deutschen) sehe, einfach weil die Übersetzungsqualität meistens besser ist.

Früher war ich mal eifriger Kinogänger in einschlägigen Filmkunsttheatern, Lupe & Co etc.. Amerikanische oder englische Independent-Filme oder Filme aus historischen Archiven, für die sich wegen der doch überschaubaren Zielgruppe kaum ein deutscher Verleih fand, um eine Synchronfassung erstellen zu lassen, wurden i.d.R. als O.m.U. gezeigt und ich empfand das als völlig in Ordnung und kann mich auch an niemanden erinnern, der sich darüber beschwert hätte. Ob das heute anders gehandhabt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

support4lena
24.04.2020, 21:19
Bei deutschen Untertiteln wiederum hatte auch ich hier das Problem des "festklebenden Blicks". Ich habe die Serie dann so geguckt, wie es wohl die meisten Amis auch gemacht haben: auf Englisch mit englischen Untertiteln. Diese habe ich nicht so mitgelesen wie deutsche (also als Übersetzung), sondern sozusagen lediglich als Verschriftlichung des gesprochenen Textes im Sichtfeld – und das hat gut funktioniert.

Das ist ein guter Tipp. Wenn ich sagte "Untertitel gehen gar nicht" meinte ich deutsche Untertitel. Das ist Stress pur und überfordert mich. Wenn man aber das Gleiche liest wie hört, funktioniert das sicher besser.

Nicolas Hazen
25.04.2020, 01:42
Ich muss sagen, dass das Abstimmen mir hier sehr schwer fällt, weil ich es je nach Genre und gesprochenem Englisch sehr unterschiedlich halte.
Tendenziell bin ich ein Freund der Original-Versionen, aber wenn das Zuhören, wie zum Beispiel bei Peaky Blinders, zur Konzentrationsübung wird, dann wechsele ich doch auf die Synchro. Bei Broadchurch jedoch fehlt in der Synchro einfach der verschiedene Background der Charaktere. DI Hardy ist Schotte in England, das ist bedeutsam, in Deutsch hört man dies natürlich nicht raus.
Amerikaner sind generell ohnehin gut zu verstehen, außer sie sind schwerstens aus Alabama oder Tennessee ;) ...

Quintessenz: schon lieber Original

esiststeffen
25.04.2020, 02:39
Ich habe halt ein bisschen das Gefühl, diese ganze Diskussion ist noch zu sehr aus der Gruppe der jüngeren, weltgewandten, akademisch gebildeten Menschen gedacht. Es spricht aber nun mal auch heutzutage bei weitem nicht jeder gut genug Englisch, um einer englischsprachigen Film-/Serienhandlung folgen zu können. Es kann auch nicht jeder schnell und flüssig genug lesen (in welcher Sprache auch immer), um Untertitel mühelos erfassen zu können. Allein schon für diese Gruppen ist die Synchronisation wichtig und würde ihr Wegfallen m.E. den Zugang deutlich erschweren. Aber ich muss trotzdem gestehen: Auch ich als akademisch gebildeter Mensch, der sich selber ganz gute Englischkenntnisse zuschreiben würde, würde mich wohl immer für eine Synchronisation entscheiden, wenn sie verfügbar wäre. Ob ich ansonsten lieber Englisch mit deutschen Untertiteln oder Englisch mit englischen Untertiteln sehen würde, ist eine sehr gute Frage, über die ich noch nie nachgedacht habe. Aber auch da finde ich es jedenfalls gut, dem Publikum die Wahl zu lassen.


Und außerdem: Dass in der Umfrage explizit nach englischsprachigen Filmen gefragt wird, finde ich ja auch irgendwie bezeichnend ;)
Ich finde es etwas schade, wie sehr der deutsche Mainstream-Markt heute auf US- und zum Teil vielleicht noch britische Produktionen ausgerichtet ist und alles von außerhalb des englischen Sprachraums (mit ganz wenigen Ausnahmen, wie etwa den im öffentlich-rechtlichen Fernsehen allgegenwärtigen skandinavischen Krimis) doch eher Special-Interest-Themen sind. Das scheint früher wohl noch nicht ganz so extrem gewesen zu sein.


Aber wie auch immer, ich ergänze die Frage mal noch wie folgt: Was bevorzugt ihr bei Produktionen, deren Originalsprache ihr nicht oder nur unzureichend versteht? Synchronisation oder (deutsche) Untertitel?

bates
25.04.2020, 09:13
Ich habe halt ein bisschen das Gefühl, diese ganze Diskussion ist noch zu sehr aus der Gruppe der jüngeren, weltgewandten, akademisch gebildeten Menschen gedacht. ...

:gruebel:

Es hat doch niemand dafür plädiert, dass Synchros abgeschafft werden sollen? Soweit ich sehe, hat jeder einfach nach persönlichen Präferenzen argumentiert.

Man könnte natürlich einwenden, dass beispielsweise in Skandinavien ja auch nicht die ganze Bevölkerung aus "jüngeren, weltgewandten, akademisch gebildeten Menschen" besteht. Trotzdem wurde dort noch nie synchronisiert, und auch die restlichen Bevölkerungsgruppen scheinen damit prima klarzukommen – höchstwahrscheinlich können die auch gerade deshalb alle gut Englisch, weil sie das von Kindesbeinen an gewohnt sind. Aber davon ab: Ich finde es ja auch gut, dass es beides gibt. Dass es in Berlin inzwischen möglich ist, praktisch jeden neu startenden Kinofilm auch irgendwo als OmU zu sehen, finde ich großartig – aber ich fände es natürlich nicht gut, wenn andere mangels Wahlfreiheit dazu genötigt würden.


Was bevorzugt ihr bei Produktionen, deren Originalsprache ihr nicht oder nur unzureichend versteht? Synchronisation oder (deutsche) Untertitel?

Ich: Untertitel (hatte ich ja oben schon gesagt). Wobei das hier knifflig ist. Einerseits könnte man sagen: Je weniger man von der Originalsprache versteht – und zum Beispiel Japanisch verstehe ich kein Wort –, desto sinnvoller ist eine Synchro. Andererseits: Je weiter die Originalsprache vom Deutschen entfernt ist, desto gekünstelter und aufgepropfter wirkt die Synchro (die mit deutschen Synchronsprechern überlagerten Japaner erwähnte ich ja schon). Es ist eben eine Ermessensfrage, was einem wichtiger ist / was einen mehr stört.

earplane
25.04.2020, 10:29
zum Thema Synchronisierung

https://www.youtube.com/watch?v=Eey5moYVFhM

support4lena
25.04.2020, 19:33
Es spricht aber nun mal auch heutzutage bei weitem nicht jeder gut genug Englisch, um einer englischsprachigen Film-/Serienhandlung folgen zu können.

Es kommt auch ein Ost-West-Unterschied hinzu, der mir erst bewusst geworden ist, seit ich im Osten lebe. Im Westen hat jeder wenigstens ein bisschen Englisch in der Schule gelernt, während im Osten die Generation 50+ wenig bis überhaupt kein Englisch versteht. Dass der Unterschied so krass ist, sogar in gebildeteren Kreisen, hat mich überrascht.

j_easy
25.04.2020, 19:55
Es kommt auch ein Ost-West-Unterschied hinzu, der mir erst bewusst geworden ist, seit ich im Osten lebe. Im Westen hat jeder wenigstens ein bisschen Englisch in der Schule gelernt, während im Osten die Generation 50+ wenig bis überhaupt kein Englisch versteht. Dass der Unterschied so krass ist, sogar in gebildeteren Kreisen, hat mich überrascht.

Dabei gab es sogar Englisch an vielen Schulen. Bei mir ebenfalls. Allerdings lernte ich auch erst nach der Wende wirklich Englisch. Erst Fachenglisch, später Alltagsenglisch durch Freundschaften und durch Reisen.

Doktor Landshut
25.04.2020, 20:32
Es kommt auch ein Ost-West-Unterschied hinzu, der mir erst bewusst geworden ist, seit ich im Osten lebe. Im Westen hat jeder wenigstens ein bisschen Englisch in der Schule gelernt, während im Osten die Generation 50+ wenig bis überhaupt kein Englisch versteht. Dass der Unterschied so krass ist, sogar in gebildeteren Kreisen, hat mich überrascht.

Im altsprachlichen Gymnasium, auf das mich meine Eltern "verdonnert" hatten, wurde neben Latein und Altgriechisch Englisch nur stiefmütterlich behandelt. Meine diesbzgl. Sprachkenntnisse habe ich mir dann eher autodidaktisch angeeignet, weil ich in der Schule nicht aufgepasst hatte. Heute habe ich allerdings immer noch Schwierigkeiten, englisch gesungene oder auch in Filmen gesprochene Texte auf Anhieb zu verstehen. Deshalb sind mir dialoglastige deutsch synchronisierte Fassungen lieber als die Originalversionen.:schaem:

Melanie
25.04.2020, 20:39
Es gibt mehrere Filme, die verlieren durch die deutsche Synchro ihren Reiz, z. B. alles von Monty Python, oder auch der Film Once mit Glen Hansard oder Dead Men don't wear Plaid mit Steve Martin. Die sind in der OV oder in der OmdU um einiges besser. Was Untertitel betrifft, die find ich vor allem bei Musicals fehl am Platz, weil der Text da nicht sinngemäss übersetzt wird, sondern versucht wird, einen ähnlich klingenden Schlagertext zu schaffen.

earplane
25.04.2020, 21:09
Es gibt mehrere Filme, die verlieren durch die deutsche Synchro ihren Reiz, z. B. alles von Monty Python
die sind auch auf deutsch lustig :pah:

https://www.youtube.com/watch?v=LdPMSd7xA7U

synapse
25.04.2020, 21:10
Im altsprachlichen Gymnasium, auf das mich meine Eltern "verdonnert" hatten, wurde neben Latein und Altgriechisch Englisch nur stiefmütterlich behandelt. Meine diesbzgl. Sprachkenntnisse habe ich mir dann eher autodidaktisch angeeignet, weil ich in der Schule nicht aufgepasst hatte. Heute habe ich allerdings immer noch Schwierigkeiten, englisch gesungene oder auch in Filmen gesprochene Texte auf Anhieb zu verstehen. Deshalb sind mir dialoglastige deutsch synchronisierte Fassungen lieber als die Originalversionen.:schaem:

Hm. Das scheint nicht für alle altsprachlichen Gymnasien zu gelten, bei uns hatte Englisch einen hohen Stellenwert und die Kenntnis der Struktur einer Grammatik hilft mir beim Schreiben in Englisch.

@Melanie: ja, Monty Python macht auf Englisch viel mehr Spaß, selbst wenn sie Lateinlehrer spielen. Außer sie sprechen deutsch...

esiststeffen
25.04.2020, 22:38
:gruebel:

Es hat doch niemand dafür plädiert, dass Synchros abgeschafft werden sollen? Soweit ich sehe, hat jeder einfach nach persönlichen Präferenzen argumentiert.
Dich meine ich ja auch nicht. Und auch sonst niemanden in diesem Forum. Und ich betone auch noch einmal, dass ich jedes einzelne Argument für OmU, das bisher genannt wurde und das ich mir sonst noch vorstellen könnte, für absolut berechtigt halte.

Aber ganz grundsätzlich nehme ich in der Debatte Synchro vs. OmU mitunter schon die Attitüde wahr, dass Synchros irgendwie kulturlos und spießig seien. Eben genau dieser "cineastische Snobismus" aus dem Ursprungspost dieser Diskussion. Und wie in diesem Thread ja auch schon festgehalten wurde: Synchros sind ungleich teurer und aufwändiger als Untertitelungen. Es müssen viel mehr Leute für sie bezahlt werden. Das alles zusammen (Synchros sind teuer, aufwändig und haben einen zunehmend schlechten Ruf) bringt mich eben schon zu der Befürchtung, dass es für die Studios eines Tages einfach nicht mehr interessant genug sein könnte, eine Synchro in Auftrag zu geben. Oder zumindest keine wirklich qualitativ hochwertige mehr.



Es kommt auch ein Ost-West-Unterschied hinzu, der mir erst bewusst geworden ist, seit ich im Osten lebe. Im Westen hat jeder wenigstens ein bisschen Englisch in der Schule gelernt, während im Osten die Generation 50+ wenig bis überhaupt kein Englisch versteht. Dass der Unterschied so krass ist, sogar in gebildeteren Kreisen, hat mich überrascht.

Das ist zwar jetzt komplett Off-Topic, aber: Englisch war in der DDR Wahlfach. Ich weiß nicht, wie repräsentiv das ist, aber meine Eltern (deutlich 50+) haben es beide in der Schule gelernt. Meine Mutter hat auch genau wie ich die letzten beiden Harry-Potter-Bände zuerst im Original gelesen, mehr als 25 Jahre nach ihrem DDR-Abitur, was mich auch heute noch ein wenig beeindruckt ;)

support4lena
25.04.2020, 23:36
Ich weiß nicht, wie repräsentiv das ist

Ich natürlich auch nicht, ich kann auch nur über die Erfahrungen in meinem persönlichen Umfeld sprechen. Ich habe in meinem Leben in drei westlichen Bundesländern gelebt und lebe jetzt in Ost-Berlin und empfinde den Unterschied krass. Ich sage ja nicht, dass niemand hier Englisch spricht von der älteren Generation, aber signifikant weniger Leute.

Tiny Tim
25.04.2020, 23:52
Ich würde mal vermuten, unter den Ü50-Ostdeutschen sind Englischkenntnisse immerhin graduell stärker vorhanden als Russischkenntnisse unter Westdeutschen, egal welchen Alters. Allerdings nur graduell. ;)

bates
26.04.2020, 00:00
Aber ganz grundsätzlich nehme ich in der Debatte Synchro vs. OmU mitunter schon die Attitüde wahr, dass Synchros irgendwie kulturlos und spießig seien. Eben genau dieser "cineastische Snobismus" aus dem Ursprungspost dieser Diskussion.

Hm. Wahrscheinlich ist es eine Frage der persönlichen Erfahrung, für welche Position man mehr Rechtfertigungsdruck spürt. Als ich in meiner Familie irgendwann mal erwähnt habe, dass ich Filme lieber im Original schaue, wurde ich angeschaut, als hätte ich sie nicht mehr alle ;). Weniger als "snobistisch" wurde das wahrgenommen denn als eine seltsame Macke. (Und meine hier angeführten Gründe hätten das Unverständnis eher noch vergrößert.) Das ist natürlich eine Weile her, inzwischen ist OmU weit stärker verbreitet als früher, aber trotzdem empfinde ich das immer noch total als Minderheitenposition, mit der man in der Defensive ist. Sogar Max Goldt fällt einem in den Rücken. ;)

Aber im Ernst, ich glaube, Du musst Dir da keine Sorgen machen, der weit überwiegende Teil deutscher Filmzuschauer bevorzugt nach wie vor Synchro.

Tiny Tim
26.04.2020, 00:05
Sogar Max Goldt fällt einem in den Rücken. ;)

Der Benedict Arnold der Cineastenszene. ;)