Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : LML ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit
juppmartinelli
28.05.2010, 13:14
http://jmmworks.bplaced.net/down/lmlfc/verdienst_juppmartinelli.gif (http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/forumdisplay.php?f=69)
(Das Folgende ist ein Text, den ich in den letzten Wochen geschrieben habe, weil ich mich immer wieder über die ständig wiederholte Behauptung geärgert habe, Lenas Erfolg beruhe darauf, eine bürgerliche Mittelschicht-Antifigur zum DSDS-Proletariat zu sein. Wenn man das schon zu widerlegen versucht, dann richtig. Das Ergebnis ist eigentlich viel zu lang für einen Post hier. Ich entschuldige mich dafür, weiß aber nicht, was ich sonst damit anfangen soll. Es muss ja niemand lesen! Vielleicht gibt es aber welche, die etwas Interessantes daran finden. Viele der Gedanken in dem Text verdanke ich Anregungen aus diesem Forum. Dafür vielen Dank!)
I.
Der außergewöhnliche Aufstieg Lena Meyer-Landruts – von der anonymen Abiturientin zum derzeit größten Popstar des Landes innerhalb von nur drei Monaten – schreit nach Deutung und Erklärung. LML besitzt etwas, das bei den Deutschen offensichtlich den Reflex auslöst, sie - je nach Alter – auf der Stelle als große Schwester, beste Freundin, Traumfrau oder Wunschtochter adoptieren zu wollen. Klar ist, dass LML bildhübsch ist, dazu klug, schlagfertig und witzig, dass sie guten Geschmack in Musik- und Kleidungsfragen beweist und mehr als passabel singt und tanzt. In erster Linie besitzt sie ein außergewöhnliches Talent zur vokalen und gestischen Inszenierung der Lieder, die sie singt, mit dem sie auch aus mittelmäßigem musikalischen Material Funken schlägt. Dennoch: Diese und ähnliche Fähigkeiten besitzen viele Menschen. Das allein erklärt nicht die Stärke der Empfindungen zwischen Bewunderung, Sehnsucht und Verliebtheit, die LML entgegen gebracht werden.
II.
Auf der Suche nach dem fehlenden Element zur Erklärung der Lenamania hat sich eine Erzählung etabliert, die LML als Projektionsfläche einer Sehnsucht des Publikums nach „Normalität“ und „Anstand“ im TV- und Musik-Business sieht: Lena als der „Popstar fürs Bürgertum“. Diese Erzählung entstand mit einem Spiegel-Beitrag, in dem Unser Star für Oslo als kultiviertes Musizieren für Abiturienten und Studenten vor einer seriösen Fachjury bespöttelt und als Gegenveranstaltung zur Trash-Konkurrenz von Deutschland sucht den Superstar charakterisiert wurde, wo gescheiterte Existenzen aller Art zu den vulgären Kommentaren eines Dieter Bohlen in Gladiatorenkämpfe gehetzt werden. Zum Sinnbild dieser Gegenüberstellung wurde der typisierte Vergleich zwischen den beiden jeweiligen Show-Favoriten: Hier der Freak Menowin Fröhlich, abschluss- und arbeitsloser, mehrfach vorbestrafter Ex-Sträfling, der drei Kinder mit der eigenen Cousine hat, schrill, bedrohlich und trashig - dort die Lichtgestalt Lena Meyer-Landrut, Abiturientin aus gutsituiertem Hause, Diplomatenenkelin, Taizé-Begeisterte, „Sophies Welt“-Leserin, gebildet, eloquent und distinguiert. Dieser Erzählung zufolge ist LMLs Erfolg darauf zurückzuführen, dass sich die silent majority des bürgerlichen Mittelstandes mit ihr identifizieren kann und sie in erster Linie als Inkarnation des eigenen Idealbildes einer Höheren Töchter liebt, als Gegenfigur zum skurrilen Freakproletariat, das die Nachmittagstalkshows bevölkert. Diese Erzählung ist seit ihrer Entstehung in medialer Dauerschleife wiederholt worden (zuletzt in der großen, mehrseitigen Reportage des Stern) und hat sich im Diskurs über LML mehr oder weniger als die offizielle Deutung ihrer Geschichte durchgesetzt.
III.
Die soeben umrissene Erzählung – ich nenne sie die Höhere-Tochter-Erzählung (HTE) – funktioniert, um es kurz zu machen, als Erklärung des Erfolgs von LML vorne und hinten nicht. Darum geht es mir hier. Zunächst ist LML nicht die Figur, als die sie in der Erzählung auftaucht. Das hätte man von Anfang an wissen können, hätte man auf die Details geachtet, die sich mit ihr schlecht vertrugen. Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig „scheiße“ und „kotzen“ live im Fernsehen. Der Widerspruch zwischen HTE und Realität wurde völlig offensichtlich, als durch das unappetitliche Wühlen der Boulevardmedien weitere Details bekannt wurden: Ein so überhaupt nicht distinguierter untergetauchter Vater, die nebenbei geäußerten Bekenntnisse, zu rauchen und auch schonmal besoffen gewesen zu sein, vor allem aber natürlich die Auftritte als Laiendarstellerin in genau jenen dubiosen Nachmittags-TV-Formaten, in die LML sich nach der HTE niemals hätte verirren dürfen, davon einer sogar – Gott behüte – ganz und gar nackt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war das Höhere-Tochter-Image von LML als reine Erfindung der Medien enttarnt. Wenn die HTE zuträfe, hätte daher zu diesem Zeitpunkt die Lenamania zusammenbrechen und ein Großteil der Deutschen sich enttäuscht von LML abwenden müssen. (Und mit genau diesem Ziel wurden die entsprechenden Medienberichte natürlich auch lanciert.) Tatsächlich aber haben all die rechten Haken gegen das Höhere-Tochter-Image der Verliebtheit des Publikums keinen messbaren Abbruch getan. Was das Bürgertum bei seinen eigenen Töchtern zweifellos stören würde, stört es bei LML offenkundig kaum. Also liebt es LML offensichtlich nicht als sein eigenes Spiegelbild, wie die HTE behauptet. Was immer also der Grund für die Lenamania ist: Die HTE kriegt ihn nicht zu fassen.
IV.
Dabei beruht die HTE auf einer richtigen Beobachtung: LML ist eine Gegenfigur zu all den hunderten Kandidatinnen und Kandidaten, die wir im letzten Jahrzehnt in Dutzenden von Casting Shows im Fernsehen haben vorbeiziehen sehen. Das Phänomen LML ist zweifellos darin begründet, dass sie in dem Rahmen, in dem sie zur öffentlichen Person wurde, so vollständig aus dem Rahmen fiel. Aber es ist schlecht beobachtet und ziemlich primitiv gedacht, ihre Andersartigkeit schlicht darin zu sehen, dass sie der bürgerlichen Mittelschicht entstammt, während das Personal einer Show wie DSDS eher den bildungsfernen Schichten entspringt. Dieser Unterschied hat, wenn überhaupt, mit dem eigentlichen Phänomen nur indirekt etwas zu tun.
V.
LMLs Andersartigkeit besteht vielmehr in dem, was Entdecker und Mentor Stefan Raab schon vom ersten Moment an als ihre „Haltung“ bezeichnete. Worin besteht diese Haltung? Sie besteht darin, die Gehirnwäsche zu durchbrechen, die das Format Casting-Show seit über einem Jahrzehnt betreibt und mit der es nicht nur unsere Wahrnehmung von Popmusik infiziert hat. Nicht umsonst spricht man inzwischen von einer „Generation Casting-Show“, welche die in diesem Genre üblichen Prinzipien und Regeln längst für das ganze Leben akzeptiert und verinnerlicht hat. Worin besteht das Prinzip Casting Show? Das lässt sich in jeder beliebigen dieser Sendungen – ob nun DSDS oder Germany’s Next Topmodel – mühelos beobachten. Regel Nr. 1: Der Weg zum Erfolg besteht darin, sich der Jury vollständig zu unterwerfen. Die Jury ist Gott. Sie agiert nach dem Prinzip, dass der Wille des Kandidaten zunächst gebrochen werden muss, damit er sich den Anweisungen der Experten vollständig ausliefert und sich von ihnen formen lässt. Du sollst nicht so sein, wie Du selbst Dich haben willst, sondern wie andere Dich haben wollen. Es gibt daher keinen sichereren Weg, im Casting-Universum den sozialen Tod zu erleiden, als an der Jury Kritik zu üben, ihre Anweisungen zu hinterfragen oder auf eigenen Vorstellungen zu beharren. Beleidigung, Erniedrigung und aufgezwungene Demuts-Rituale sind die unvermeidliche Folge. Regel Nr. 2: Der Weg zum Erfolg besteht aus Blut, Schweiß und Tränen und in dem bedingungslosen und fanatischen Willen, ihm alles andere unterzuordnen. Dies ist die wichtigste Botschaft der Casting-Show. Deshalb gibt es in ihren Beurteilungsritualen keine vernichtenderen Abmahnungen als „Du arbeitest nicht hart genug an Dir“ oder „Wir können nicht erkennen, dass Du das hier wirklich willst“. Die Kandidatin kann diesen Verurteilungen nur entkommen, indem sie sich so lange schindet, bis sie auf offener Bühne kollabiert oder wenigstens einen Weinkrampf erleidet, und außerdem in den immergleichen Floskeln gegenüber der Jury beteuert, dass sie bereit ist „alles zu geben“ für den Erfolg in der Show, dass sie „nichts anderes will als kämpfen und weiterkommen“ und überhaupt diese Sendung ihre „einzige und letzte Chance“ sei, etwas aus sich zu machen. In den Schauritualen von DSDS und GNTM gibt es deshalb kein den Kandidaten häufiger abgepresstes Bekenntnis als dieses. Es gehört zwingend dazu. Mit selbstbewussten Kandidaten, die einfach lachend gehen, wenn sie genug davon haben, sich anpöbeln zu lassen, weil sie nämlich noch etwas anderes mit ihrem Leben anzufangen wissen, funktioniert das Konzept der Sendung nicht.
VI.
LMLs „Haltung“ ist die vollständige und radikale Antithese zu den beiden genannten fundamentalen Grundregeln der Casting Show. Sie besteht in der Weigerung, sich von den Unterwerfungs-, Leistungs- und Wettkampf-Imperativen dieses Formats bestimmen zu lassen. Berühmtheit hat sie unter anderem damit erlangt, dass sie schon bei ihrem ersten Auftritt gegen Regel Nr. 1 verstieß und darauf bestand, lieber auszuscheiden anstatt nicht den von ihr selbst präferierten Song zu singen. Insbesondere aber verstößt LML in praktisch jedem ihrer Interviews konsequent gegen Regel Nr. 2. Unbedingter Siegeswille, so sagte sie schon zu USFO-Zeiten und wiederholt es gegenwärtig anlässlich des Eurovision Song Contest immer wieder, sei ihr fremd. Jedes Ergebnis sei ihr recht, solange sie mit sich im Reinen sein. Konkurrenzdenken und Kampf um die Plätze auf dem Podest seien „nicht so ihr Ding“, ebenso wenig wie hartes Training und tägliches Üben. Sie schlafe lieber. Sie habe keine Technik, keine Strategie und nicht die Absicht, sich eine andrehen zu lassen. So tanz’ ich. Sie entwickele die Dinge lieber spontan und ohne große Überlegungen und Strategien. Überhaupt habe sie nie Popstar werden wollen, und ihr „großer Traum“ sei das schon gar nicht. Vielleicht mache sie bald etwas völlig anderes, an Ideen mangele es ihr nicht. Wichtig sei nur, dass ihr das Ganze momentan Spaß mache, eine tolle Erfahrung sei und sie als Mensch voranbringe. Man beachte: Jeder einzelne dieser Sätze wäre im TV-Leben eines normalen Casting-Produktes das Ende.
VII.
Gibt es einen Namen für diese Haltung? Ich behaupte: Ja. Sie ist nämlich überraschenderweise in überhaupt keiner Weise revolutionär oder neu. In Wahrheit ist sie bloß die fast triviale Erinnerung an die Haltung, die man noch nicht vor allzu langer Zeit grundsätzlich mit der Popmusik verbunden hat – bevor der Casting-Show-Diskurs die Kontrolle übernahm, und zwar so erfolgreich, dass man mit der bloßen Erinnerung an dieses Prinzip des Pop (ich benutze diesen Begriff hier in einem sehr weiten Sinne, der die gesamte populäre Musik von Folk über Rock, elektronische Musik, Heavy Metal und was weiß ich einschließt) inzwischen wie ein Wesen von einem anderen Stern erscheint. Denn das war doch das Versprechen der Popmusik seit ihrem Durchbruch in den frühen sechziger Jahren: Jung sein. Lässig sein. Cool sein. Feiern und Spaß haben. Und die Chuzpe zu sagen: Ich brauche Eure Lehren nicht. Ihr habt mir nichts beizubringen. We learned more from a three-minute record baby than we ever learned in school. Keine Gesangausbildung, kein Musikstudium, kein Tanzdrill, keine Arbeit. Eine Gitarre und drei Akkorde, das reicht – sofern man jung ist, und schön, und talentiert, und charismatisch. Und frech genug, sich einfach auf eine Bühne zu stellen und zu singen: I know it’s only rock’n’ roll, but I like it! Pop war mal das Gegenteil dessen, was die Casting-Show-Idee verkauft: das Versprechen vom Triumph der Leichtigkeit und der Mühelosigkeit. Nur Arbeit, Unterwerfung, Anpassung und Drill führen zum Erfolg im Musikbusiness? Gut, dass das niemand den Rolling Stones gesagt hat, als sie Exile on Main Street in einem mehrmonatigen halbnackten Dauerdrogenrausch in Südfrankreich zusammensponnen. Von dem Lachflash hätten sich die Armen nie wieder erholt. Der Erfolg von LML entlarvt den gesamten Diskurs des Casting-Unwesens als das, was er ist: hochideologisiertes absurdes Theater.
VIII.
Darum sage ich, mit Absicht plakativ: LML ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit. Sie ist die (sehn-)süchtig machende Erinnerung an das Glücksversprechen des Pop, verkörpert in dem Gesicht einer Caravaggio-Madonna mit ironischem Grinsen und frechem Mundwerk. Und dieses Glücksversprechen ist, dies ist der entscheidende Gedanke, zutiefst antibürgerlich und subversiv. Bürgerlich ist nämlich nicht nur das, was sich die Vertreter der HTE gerne darunter vorstellen (etwas, das vage mit geregelter Arbeit, Bücherregalen, Klavierunterricht und gepflegtem Abendessen im Familienkreis zu tun hat). Bürgerlich ist in erster Linie der Glaube an ein ganz anderes Versprechen, nämlich an das der disziplinierten Selbstzucht in Kombination mit dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Jeder ist seines Glückes Schmied und diejenigen werden den Lohn davontragen, die sich am meisten anstrengen, am fleißigsten schuften und am eisernsten sparen – und schon ihre dreijährigen Kinder in Chinesischkurse schleifen, der späteren Chancen am Arbeitsmarkt wegen. Das Glücksversprechen des Pop hingegen ist die Verweigerung dieses protestantischen Arbeitsethos. Pop scheißt auf Selbstdisziplin und Leistungsgerechtigkeit. Er belohnt nicht die Arbeitsbienen und die Klassensprecher. Er verschenkt sein Herz lieber an die arbeitsscheuen Spinner, genialen Dilettanten und verspielten Prinzessinnen, die es einfach mal ausprobieren. Pop kennt und will keine andere Begründung als die, dass eine wie LML schlicht ein Liebling der Götter ist, der die Herzen der Menschen zufliegen, ohne dass sie darum kämpfen muss. Du hast Star-Appeal. Menschen werden dich lieben. Das ist alles. Das kann man nicht lernen. Man hat es oder man hat es nicht. Daher können die, die es haben, es sich leisten, mit ihren Gaben gerade nicht nach Art der guten Wirtschafterin sparsam hauszuhalten, um sie zu mehren, sondern sie in geradezu aristokratischer Verschwendung zu verschenken. Sich nicht ängstlich an die Regeln zu halten, sondern in Freiheit mit ihnen zu spielen, Risiken einzugehen. Nicht die eigenen Fähigkeiten penibel zu dokumentieren, sondern sie zu ironisieren, damit herumzualbern, scheinbar nichts ernst nehmend – während die Braven, die sich das alles mühevoll angeeignet, eisern geübt und schwer gekämpft haben, fassungslos daneben stehen und die Ungerechtigkeit der Welt nicht mehr verstehen. Bei manchen kippt diese Verständnislosigkeit in ungezügeltes Ressentiment und Hass auf das Glückskind, oder in wüste Verschwörungstheorien.
IX.
Schlusspointe: Wenn diese Überlegungen zutreffen, dann ist nicht die angebliche Bürgerlichkeit von LML der Kern ihrer Anziehungskraft, sondern das Gegenteil davon. Die Sehnsucht, die LML weckt, ist nicht die Sehnsucht nach Bürgerlichkeit, sondern das Versprechen, dass – wenigstens stellvertretend in ihrer Person – die Befreiung vom Korsett der Bürgerlichkeit möglich ist. Deshalb träumen so viele laut oder leise davon, so zu sein wie sie – und schon allein diesen Traum träumen zu können, indem man sie beobachtet, führt ein Stück des Glücks mit sich. Wenn das Bürgertum LML liebt, dann nicht deswegen, weil sie genauso ist, wie es selbst, sondern weil es sich heimlich danach sehnt, ganz anders zu sein, als es ist. Allerdings kommt es noch schlimmer für die Anhänger der HTE, denn die ganze Überlegung zeigt noch ein Zweites: Wenn es überhaupt eine Verkörperung des Bürgerlichen im deutschen Fernsehen gibt, dann sind das ironischerweise eben die just von jenem Bürgertum so verachteten proletigen Casting-Shows. Als Dieter Bohlen verkündete, der von ihm nicht favorisierte Mehrzad Marashi habe DSDS dank „deutscher Tugenden“ (er meinte Fleiß und Disziplin) gewonnen, hätte er damit um ein Haar einmal etwas Wahres gesagt. Begriffen hat er es natürlich nicht. Das deutsche Feuilleton, das muss man leider anmerken, allerdings auch nicht.
JohannesB
28.05.2010, 13:53
Lieber jupmartinelli,
ich danke dir für diese großartige Analyse. Sie stellt für mich alles in den Schatten, was Zeit, SZ oder FAZ bisher an Erklärungsversuchen angestellt hat. Besonders deine Rückerinnerung an die Ursprünge des pop/rock: Dass da noch keiner drauf gekommen ist - umwerfend!
Wenn da nicht noch eine Magie wäre, die weder erklärbar noch analytisch greifbar ist, würde ich nach deinem Artikel sagen: Danke. Es ist alles gesagt, was gesagt worden ist. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ich hoffe, dieser Beitrag schafft den - mehr als verdienten - Weg ins ernstzunehmende deutsche Feuilleton.
Chapeau.
bfsdasauge
28.05.2010, 13:56
Was soll ich dazu noch sagen juppmartinelli?
Du hast mit deinen Beobachtungen zu 100% recht. :thumbsup:
Und beim Durchlesen deiner Gedanken ist mir eines ganz deutlich klar geworden. Und damit meine ich eine Sache, die mir seit dem Urknall des Lenaversums nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist.
Ich habe mich seit Monaten gefragt, wie es Lena geschafft hat mich so locker, lässig zurück zur Musik zu bewegen.
Früher hatte ich mich ausgiebig mit Musik auseinandergesetzt. Hatte wahnsinnig viel Zeit mit Musik und Liverkonzerten etc. verbracht.
Seit Jahren ist das Interesse daran immer weiter geschrumpft. Zum einen lag es daran, weil viele meiner Lieblingsbands, Sänger etc. sich aufgelöst hatten, zum anderen lag es daran, dass ich keine neue Inspiration mehr finden konnte.
Zu gleichtönig, zu schal war die Musik geworden. Eine Übersättigung des immer gleichen Musikstils mit aus der Retorte erschaffenen Künstlern.
Die Halbwertszeit der aktuellen "Stars" lag bei wenigen Jahren. Echte Superstars waren langsam in die Jahre gekommen.
Die Inspiration lag bei Null.
Und so habe ich mich Stück für Stück von der Musik abgewandt und es auf mein Alter geschoben, dass ich mit der aktuellen Musik nichts mehr anfangen konnte. Ich habe quasi meinen Platz für die jüngere Generation freigemacht.
Und dann kam Lena. Mit genau den Eigenschaften wie du sie beschrieben hast, hat sie mich inspiriert. Mit der Unbekümmertheit ihre Sache durchzuziehen. Mit ihrem hervorragenden Musikgeschmack, der mich auf neue Musikperlen aufmerksam gemacht hat.
Und seitdem bin ich nicht nur komplett von Lena geflasht, sondern habe auch zurück zur Musik gefunden.
Und es ist genauso wie du schreibst. Die Künstler, von denen man heute noch spricht, die in der Hall of Fame angekommen sind, sind fast ausschließlich Künstler, die ihr Ding durchgezogen haben. Da kann man Elvis Presley, die Beatles, The Who uvm. anführen. Die haben sich nicht um Gesangsstil, Choreographie usw. gekümmert. Die waren nicht glattgebügelt und sauber frisiert. Nö! Die haben nicht um des Geldes willen Musik gemacht, sondern um ihrer Musik willen.
Und Lena ist eben auch nicht glattgebügelt und angepasst. Sie will Künstlerin sein um der Kunst willen. Und da sie nicht den Erfolg in den Vordergrund stellt, hat sie Erfolg. Und da sie nicht verkrampft, kann sie ihr Talent zu "Bezaubern" voll und ganz ausspielen.
Dein Schriftstück ist viel zu schade, dass es hier in einem Thread verschwindet.
Simon soll nun endlich mal einen Blog freischalten...
Ganz grosses Kino jupp :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup: :thumbsup::thumbsup::thumbsup:
JohannesB
28.05.2010, 14:06
Dein Schriftstück ist viel zu schade, dass es hier in einem Thread verschwindet.
:clap:
Genau das finde ich auch. Wir brauche unbedingt eine Rubrik: Perlen des Forums. Und darin muss der Text aber ganz nach oben. Und die Kommentar-Funktion sollte gesperrt werden, denn ich fürchte, jeder kommentierende Blödsinn (wie z.B. meiner hier gerade) verwässert ihn nur unfreiwillig.
verdammte axt, war das gut! im allgemeinen fürchte ich mich vor langen beiträgen in fanforen. das ist mir immer mehr als suspekt, aber ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen. und zu lesen. und zuzustimmen. und zu nicken. und zufrieden zu brummen:
endlich hat's mal einer gesagt.
DANKE!
für mich ist LML auch eine echte fröhliche kriegsmaschine gegen die phrasendrescher des öffentlichen diskurses mit ihrer kruden mischung aus protestantischer arbeitsethik, schlecht verdauten hollywood-erfolgsgeschichten undwasweißich noch. oder wie mal unter einem der usfo-videos stand (wer hatte das damals geschrieben? sathoan?:) sie hat etwas, das sich der dummheit widersetzt.
Danke für diesen Artikel.
Ödegedai
28.05.2010, 15:01
Und wieder wurde ein Stück Literaturgeschichte im Lenaismus geschrieben ;)
Danke sehr.
Großartig.
Gedankensplitter, die ich nur im Ansatz zu diesem ewigen "HTE"-Scheiß zu denken in der Lage war, hast du konsequent zu Ende gedacht.
Einer der wohl intelligentesten Beiträge in diesem ohnehin recht intelligenten Forum. Danke!
Für solche Fälle gab es doch ein Smilie, ah ja: :Schild good post:
Absolut treffender Beitrag. Ich hatte auch immer große Probleme mit diesem "Höhere Tochter"-Bezug, weil er für mich im Bezug auf Lena irgendwie stark unter Sinnbefreitheit litt aber konnte es wohl nie so schön in Worte fassen wie du.
Ich denke schon dass eine gewisse intellektuelle Diskrepanz zwischen den unterschiedlichen Castingformaten zu erkennen ist und diese sich recht schnell an der ungeschickten Verhaltensweise von den üblichen DSDS/Popstars-Gewinnern erkennen lässt, die sich zu ungünstigen Aussagen hinreißen lassen/sich selbst nicht treu bleiben weil sie sich zu schnell beeinflussen lassen, während insbesondere eine deutlich jüngere Lena zeigt, wie geschickt man doch eigentlich mit Allem umgehen kann und trotz Berühmtheit keinerlei elitäre Züge aufweist.
Aber Lena als Stern des gehobenen Bürgertums o.Ä. zu preisen rechtfertigt dieser reifere Umgang mit den Medien ja noch lange nicht, und verfehlt das Phänomen Lena Meyer-Landrut um Längen.
Ich finde die einzige Veränderung im Bezug auf Medien bei Lena war, dass sie nun in Interviews sicher ist/schneller die passenden Antworten findet, aber im Gegensatz zu so vielen anderen nicht ihren Charme und ihre Art für die man sie liebt verloren hat.
Aber ich glaube vielen Fans und wahrscheinlich selbst Lena war bewusst, dass diese Artikel irgendwie fernab von treffend waren, man hat sie aber wohl erst einmal vorerst so hingenommen, weil sie mit Lob überfüllt waren, und somit angenehme Lesekost zu sonst einseitig recherchierten Hasstiraden gegen Castingshowteilnehmer ;)
Jaaaa, genau. Endlich hat einer das zu Papier gebracht, was die meisten von uns zumindest unterschwellig schon gewusst haben. (Oder wer hier hat beim Lesen des Textes nicht ständig zustimmend genickt)
Vor allem zeichnet Deinen Artikel aus, das Du mit sehr wenig Vergleichen arbeitest, und viel mehr auf das schaust, was Lena wirklich tut oder getan hat. Das muss und kann eben nicht verortet werden, weil es originell, individuell und unangepasst ist.
Damit wäre dann jetzt hiererorts auch Stefan Raabs Frage, warum er das so geil findet abschließend beantwortet.
Und trotzdem bleibt so unendlich viel Raum für Lenas Zauber und Magie, weil man eben nie weiß, worüber sie als nächstes ironisiert und herumalbert.
:thumbsup::thumbsup::thumbsup:
Glückwunsch! Soweit ich es überblicke in der Tat der wohl beste Artikel bisher zum Phänomen LML. Das wohl auch deshalb, weil er nicht wie die Zeitungsartikel mit der heißen Nadel gestrickt wurde und weil er – wie mir scheint - das Phänomen LML nicht versucht auf eine einfache Formel zu bringen. Wer ein Geheimnis vollständig erklärt zerstört es!
Über das „antibürgerlich“ könnte man, wenn auch nicht hier im Thread, sicher – produktiv – streiten, weil ich z.B. auch Caravaggio als bürgerlich ansehen würde. Für mich steht deshalb das „Glücksversprechen des Pop“ nicht im völligen Gegensatz zu dem frühbürgerlichen Glücksverspechen der Renaissance und der Romantik. Da müsste man vielleicht einige Unterscheidungen vornehmen. Gemessen an der gegenwärtigen Gestalt des „Bürgerlichen“ stimme ich Dir voll und ganz zu!
:Schild good post:
meine Güte was für eine Analyse! Man ließt sie und denkt bei jedem Absatz ja ..ja ...ja. Das Teil muss in die Öffentlichkeit. Mehr als verdient mach was draus!!
Respekt
Der Felix
28.05.2010, 16:25
"Intelligent Input Darling" steht in deinem Benutzertitel.
Deine Analyse beweist wohl perfekt das das für dich nicht einfach nur ne Floskel ist.
Sehr schöner Text bei dem man, wie schon angesprochen, aus dem zustimmenden Nicken nicht mehr rauskam. Hammer! :thankyou:
juppmartinelli, ein wirklich guter Beitrag!
Was Du am Lena-Phänomen herausarbeitest, dem kann ich nur zustimmen.
Allerdings - o Schreck?, o Scherz? - finde ich, daß es die "Höhere-Tochter-Erzählung" eher unterstreicht, nicht widerlegt.
Das hängt natürlich daran, was man unter Bürgerlichkeit versteht, und das ist, das sollte klar sein, eine komplexe und teils auch widersprüchliche Sache.
Was Du im Auge hast, das ist eher die Aufsteigersicht (Disziplin, bis hin zum glattgebügelten Karrieristen). "Höhere Tochter", das setzt aber gerade an einem anderen Punkt an, den besser gestellten Bürgern, die sagen nämlich: wir können es uns erlauben, lässig zu sein, Geschmack zu haben ... Abrackern, Konkurrenzdenken, Unterwerfung für den Aufstieg, das müssen nur die, die es noch nicht geschafft haben! Der Proletarier oder Kleinbürger muß schuften, wir haben einfach das Talent. Deshalb können wir ironisch lächeln!
Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig „scheiße“ und „kotzen“ live im Fernsehen.
Das war vielleicht in den 60er Jahren so, aber heute geht eben beides zusammen, das ist ja die Botschaft. Ich würde sogar sagen: genau das ist typisch für die heutige Höhere Tochter!
LMLs Andersartigkeit besteht vielmehr in dem, was Entdecker und Mentor Stefan Raab schon vom ersten Moment an als ihre „Haltung“ bezeichnete.
Volle Zustimmung! :clap: (Hab ich sogar in der Signatur ;) )
Aber -- was könnte bürgerlicher sein als Haltung!?!
........ ---> Pop war mal das Gegenteil dessen, was die Casting-Show-Idee verkauft: das Versprechen vom Triumph der Leichtigkeit und der Mühelosigkeit.
Bravo! Wieder ein Treffer ins Schwarze!
Aber gerade wenn Du das mit Rolling Stones (yeah! :D :thumbsup:) und Drogenexzessen illustrierst: dann stellt Lena doch exakt die bürgerliche Variante dieses Versprechens dar. Kein Absturz. Kein Schweißgeruch. Kein dreckiges Sex & Drugs & Rock'n'Roll.
Da atmet der Bürger auf: Man muß sich um das begabte Töchterchen keine Sorgen machen, sie schafft das schon!
LML ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit. Sie ist die (sehn-)süchtig machende Erinnerung an das Glücksversprechen des Pop, verkörpert in dem Gesicht einer Caravaggio-Madonna mit ironischem Grinsen und frechem Mundwerk. Und dieses Glücksversprechen ist, dies ist der entscheidende Gedanke, zutiefst antibürgerlich und subversiv.
Aber genau dieses Liebäugeln mit dem "Anti-bürgerlichen" gehört zum besseren Bürgertum dazu. Der Bohémien ist immer ein entlaufener Bürgersohn. Daher die geheime oder auch offene Sympathie für ihn. Lies mal Thomas Mann dazu, den Großadvokaten des Großbürgertums!
Und zum Schluß: was könnte bürgerlicher (im besten Sinne) sein, als daß wir hier in einem Fan-Forum kluge, kulturkritische Diskussionen miteinander pflegen?
Prost darauf! :hi:
gauloises
28.05.2010, 18:24
Wenn das Bürgertum LML liebt, dann nicht deswegen, weil sie genauso ist, wie es selbst, sondern weil es sich heimlich danach sehnt, ganz anders zu sein, als es ist.
prägnanter lässt sich das nicht mehr formulieren. 14 points!
Wobei Aladin natürlich auch recht hat.
"HTE" ist nicht aus der Welt.
Gerade der etablierte Bürger kann es sich leisten, antibürgerlich zu denken und zu handeln, das Bürgertöchterchen kann rebellieren, aussteigen, das tun, was ihr Spaß macht, solange es in einem gewissen Rahmen bleibt. Dieser konventionelle Rahmen ist ohnehin nicht mehr so eng wie einst. Auch wenn es ganz aus dem Rahmen fällt, ist die Rückkehr nicht verbaut. Sie gewinnt gar die Sympathie all jener Bürger, die dies auch wollen und sich danach sehnen. Wenn sie scheitert oder einfach genug hat, kann sie immer noch in die bürgerl. Welt zurückkehren, sie landet weich, sie musste diese Welt ja nicht einmal richtig verlassen. Zukunftssorgen sind ihr fremd, Zukunftspläne kaum notwendig.
Dem Unterschichtskind fiele eine solche Freiheit aus existentiellen Gründen kaum ein, der tatsächl. oder nur suggerierte Druck des Aufsteigenmüssens lastete auf ihm, dem Aufsteigerkind wäre zudem die Gefahr des Abstiegs nah, davon abgesehen, daß ihm eher Leistungstugenden von der Elterngeneration vermittelt werden.
Antibürgerlichsein ist also eine Freiheit des Bürgerlichen.
Ich sag es mal aus meiner Sicht:
Jeder wünscht sich, dass Lena eine von uns ist. Sie ist so normal wie wir, sie ist so verrückt wie wie wir. Sie hat eine große Klappe wie wir, ist aber auch genauso nachdenklich wie wir. Sie ist genauso glücklich oder traurig wie wie wir. Lena kommt wie ihre britische Kollegin Kate Nash aus der Generation My Space und Youtube und so wie Kate Nash vielleicht die Träume und Sehnsüchte ihrer britischen Fans anspricht, so spricht Lena die Träume und Sehnsüchte ihrer deutschen Fans an. Lena sagt uns: JA Du unbekannter Mensch im Internet, du hast genauso das gleiche Talent wie ich und du kannst genauso berühmt werden wie ich, du brauchst nur Mut. Ich hab nur wenige Menschen gesehen, die diese Fähigkeit zur Massenbegeisterung haben und das erklärt für mich das Phänomen Lena Meyer-Landrut.
ja, über die definition des 'bürgerlichen' lässt sich streiten, wie auch über die tatsache, ob dies so zu tun wie wir hier nicht eben auch bürgerlich zu nennen ist.
papperlapapp. bürgerlich hin, bürgerlich her. das wichtigste an juppmartinells beitrag bleibt für mich die sauberst durchgeführte analyse des WIDERSTÄNDIGEN an LML. die phrasen und gemeinplätze perlen nur so an ihr ab, dass es eine freude ist.
:thumbsup:
Lieber juppmartinelli,
ein überaus g l ä n z e n d e r Artikel - in absolut jeglicher Hinsicht!
Nur eine klitzekleine (gewissermaßen bürgerliche) Anmerkung: Wer auf die grandiose Formulierung "verkörpert in dem Gesicht einer Caravaggio-Madonna mit ironischem Grinsen und frechem Mundwerk" kommt, ist ein überzeugender Vertreter eines wohlverstandenen Bürgertums, das sich durch Bildung, Witz und - ganz wichtig - souveräne Selbstironie auszeichnet.
Danke!
Wow!! Was für ein Thread in einem Internetforum! Was LML nicht alles provoziert!
Hallo Aladin,
Deine zentrale Aussage finde ich den dem Passus:
„Allerdings - o Schreck?, o Scherz? - finde ich, daß es die "Höhere-Tochter-Erzählung" eher unterstreicht, nicht widerlegt.
Das hängt natürlich daran, was man unter Bürgerlichkeit versteht, und das ist, das sollte klar sein, eine komplexe und teils auch widersprüchliche Sache.“
Vor allem in Bezug auf den letzten Satz stimme ich Dir zu, würde sogar noch weitergehen und sagen: ist nicht nur „teils“ sondern stets auch widersprüchlich!
Beides, die HTE wie das "Glücksversprechen des Pop" bewegen sich grundsätzlich auf dem Boden der „Bürgerlichkeit“ - wenngleich dabei noch zu bedenken wäre, ob nicht in das Glücksversprechen des Pop afroamerikanische Elemente eingewandert sind, die zumindest nicht auf bürgerlichem Boden erwachsen sind.
Deine Aussage, dass juppmartinelli die "Höhere-Tochter-Erzählung" eher unterstreicht, nicht widerlegt“, finde ich schon schwieriger. Mir scheint, dass Du bei Deinem Versuch, das Glücksverspechen funktional an die Bürgerlichkeit rückzubinden, überziehst und damit Deine eigene Grundvoraussetzung in frage stellst- die Widersprüchlichkeit der Bürgerlichkeit. Das Subversive im Glücksversprechen der Renaissance, der Romantik und des Pop – man verzeihe mir diese Zusammenstellung - droht dadurch auf der Strecke zu bleiben.
Ich kann gar nicht glauben, dass ich das hier in einem Fanclub-Forum geschrieben habe. Ich bitte dafür um Entschuldigung.
Vielleicht lassen wir einfach LML singen!
kofferberti
28.05.2010, 19:01
gone
gauloises
28.05.2010, 19:14
Antibürgerlichsein ist also eine Freiheit des Bürgerlichen.
ja, aber eine sehr materiell geprägte freiheit (ökonomische bedingungen, muße, freizeit). das ist keine antagonistische freiheit im sinne von „anti“.
Lieber juppmartinelli,
ein sehr gelungener Artikel/Beitrag/Wie-auch-immer. Auch ich fand die HTE-These sehr unbefriedigend und offenkundig falsch. Da ich aber ehrlich gesagt keine Lust hatte, mir darüber so viele Gedanken wie du zu machen, bin ich natürlich auch nicht auf deine Schlussfolgerung gekommen.
Wie vielen meiner Vorschreibern überfiel auch mich ein monotones Kopfnicken. ("Stimmt...hat er recht....wieso bin ich da nicht selbst drauf gekommen?")
Vielleicht dazu eine kleine Anekdote von mir: Ich persönlich fühlte (und fühle mich immer noch) mich von Lenas Art irgendwie immer ein wenig an Farin Urlaub von Die Ärzte (die ja nicht gebeugt werden) erinnert. Darum ear das HTE-Argument bei mir sowie schon out. ;-)
Grüße
Laura
juppmartinelli
28.05.2010, 20:27
Uuuuuh. Puuuuuuh! Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. :) Vielen Dank für diese unglaublich klugen und schönen Kommentare! Ihr seid großartig. Ich greif aus Platzgründen nur zwei raus:
@ aladin: Chapeau. Ich setze ein fettes "100% approved" unter Deine kritische Ergänzung. "Bürgerlich" wurde von mir ausschließlich im negativen Sinne gebraucht, d.h. nicht nur im Sinne von bourgeois (statt citoyen), sondern auch im Sinne von "kleinbürgerlich", d.h. genau die Variante, der die ironische Distanz zur eigenen Lebensform fehlt. Das ist eine grobe Vereinfachung. Sie scheint mir aber vertretbar, weil es in den kritisierten Medien meiner Ansicht nach um den Applaus dieses Milieus geht - nicht um den des ironisch gewendeten Großbürgertums, bei dem das Bohemienhafte selbst zum guten Ton gehört. (Es sind halt empirisch betrachtet die wenigsten Lena-CD-Käufer Mann- oder Tellkamp-Leser ;)).
@ Lars: Auch hier, kritisch-konstruktiver Volltreffer, den ich absolut annehme. Tatsächlich wollte ich dazu auch noch was sagen, aber das wäre alles noch viel länger geworden. Es ist, wie Du sagst: Man muss weiterdenken und fragen, wieso fällt denn diese ironisch-libertäre "Haltung" einem Kind der von existentiellen Sorgen weitgehend befreiten Mittelschicht so viel leichter, als einem, der von ganz unten kommt und sich wirklich hat alles erkämpfen müssen? Ist das ein Zufall? Ganz sicher nicht. Und dann kommt man zu dem Ergebnis, dass der soziale Hintergrund letztlich doch etwas mit der Geschichte zu tun hat, aber auf einer völlig anderen, viel komplexeren Ebene, als die HTE behauptet. Und auf dieser Ebene hat die Unterscheidung dann auch nichts mehr mit einem blasierten Herunterschauen auf den vermeintlichen Pöbel zu tun.
Ich kann gar nicht glauben, dass ich das hier in einem Fanclub-Forum geschrieben habe. Ich bitte dafür um Entschuldigung.
Haha! Das geht mir genauso!
Aber in diesem Thread dürfen wir ja mal ;)
Deine Aussage, dass juppmartinelli die "Höhere-Tochter-Erzählung" eher unterstreicht, nicht widerlegt“, finde ich schon schwieriger. Mir scheint, dass Du bei Deinem Versuch, das Glücksverspechen funktional an die Bürgerlichkeit rückzubinden, überziehst und damit Deine eigene Grundvoraussetzung in frage stellst- die Widersprüchlichkeit der Bürgerlichkeit. Das Subversive im Glücksversprechen der Renaissance, der Romantik und des Pop – man verzeihe mir diese Zusammenstellung - droht dadurch auf der Strecke zu bleiben.
Tja, dazu müßte man weiter ausholen. Dieses "Glücksversprechen" der Kunst (schon der Ausdruck! hallo Großbürger Adorno!) ist doch eine durch und durch bürgerliche Sache, nämlich des Bildungsbürgertums (und das wiederum ist eine enorm deutsche Erscheinung! inclusive dem Versuch, dieses Versprechen als nicht-klassengebundene Angelegenheit anzusehen).
In diesem Sinne habe ich jm's Beitrag geradezu als ein Manifest des Bildungsbürgertums gelesen, gerade in der Absetzung gegen das gutgefönte Streberbürgertum, das in neoliberaler Aufmachung ja bis zum Erbrechen omnipräsent ist.
:thumbsup:
Lustig, daß Du das Subversive ansprichst. Ich glaube, daß es mir gerade darum sogar geht. Nur vielleicht, daß ich das nach USFO nicht mehr so richtig erkennen kann (MCP, Vermarktungsmaschine usw.).
Aber das wäre ein weiterer langer Beitrag ... :X
gauloises
28.05.2010, 20:57
In diesem Sinne habe ich jm's Beitrag geradezu als ein Manifest des Bildungsbürgertums gelesen, gerade in der Absetzung gegen das gutgefönte Streberbürgertum
eine abgefahrene klassenanalyse.
Lieber juppmartinelli,
herzlichen Dank für die gelungene Analyse, die ich nach einem harten Arbeitstag in den Tempeln der neoliberalen Leistungsgesellschaft mir nun endlich auch zu Gemüte führen durfte. Auch ich stimme - abgesehen von der bereits angesprochenen notwendigen Differenzierung des "Bürgertum" - voll zu und möchte den hergestellten Bezug zum Ursprung des Pop als genial bezeichnen.
Nun besitze ich nur eine sehr beschränkte philosophische Hausapotheke, meine aber noch ein Problem in Deinem Gedankengang ausfindig gemacht zu haben: Ist die "Haltung" einer 19-jährigen zwangsläufig bereits so, wie man sie bei ihren jeweiligen Eltern (bürgerlich oder auch bildungsfern) anzutreffen vermutet? Ist es damit zulässig, die in diesem Alter anzutreffende Nicht-Bürgerlichkeit schon als Beweis der Antithese "LML nicht Ikone der Bürgerlichkeit" anzuführen? Oder ist LML nicht gerade der Ausdruck eines "kontrollierten Sturm und Drang", der beim Bürgertum gut ankommt?
Hab zwar nicht so kreative Gedanken wie Jupp oder ranzig, aber um mal wieder einen simplen Gedanken zu äußern: Lena ist eine Ikone für alle die sie mögen.
Haha! Das geht mir genauso!
Aber in diesem Thread dürfen wir ja mal ;)
Lustig, daß Du das Subversive ansprichst. Ich glaube, daß es mir gerade darum sogar geht. Nur vielleicht, daß ich das nach USFO nicht mehr so richtig erkennen kann (MCP, Vermarktungsmaschine usw.).
Aber das wäre ein weiterer langer Beitrag ... :X
Würde mich schon reizen, diesen Diskurs ohne Hektik weiterzuspinnen - eventuell auch an einem anderen Ort, falls die anderen Teilnehmer sich hier gelangweilt fühlen.
Was Deine letzte Bemerkung betrifft, in diesem Punkt wird sich wohl erst mit einem gewissen Abstand von Oslo erweisen, woran wir da mit Lena sind. Mir war aber von vornherein klar, dass zumindest das Finale mit der Perspektive Oslo nicht der Höhepunkt von Lenas bezaubernder Interpretationskunst sein würde. In Oslo kann man mit Adele, Kate Nash etc. kaum einen Blumentopf gewinnen. Jetzt drücke ich ihr alle vier Daumen, dass sie einen guten Auftritt hinlegt und dann trotz aller Vermarktungsstrategien ein bisschen Abstand gewinnen und sich besinnen kann.
Blackstar
29.05.2010, 01:59
Ich weiß nicht, ib das hier schon geschrieben wurde, aber hast du mal dran gedacht deinen Bericht als sowas wie ein Leserbrief an den Stern oder Ähnliche zu schicken?...Wäre als Email bestimmt möglcih und somit auch kein großer Aufwand...denn du hast m.M.n. es ziemlich gut getroffen auch wenn du es zwar arg auf die Castingshows beschränkt hast, wobei es denke ich allgemein in vielen Bereichen des Musik- und Fernsehgeschäftes so ist.
Hab es selber gar nicht so mitgekriegt, dass es so eine Deutung von Lenas Erfolg gab, weil ich sie nur durchs Hören ihrer Musik und ihren "interviews" kenne, bewerte und mag!
Lubitsch
29.05.2010, 02:13
Ich dachte eigentlich, Lena Fan zu sein, würde etwas Entspannung neben meiner Doktorarbeit bedeuten, stattdessen wird man hier mit Diskussionen konfrontiert ... puh :schock01:
Ich stimme dir insofern zu, als du auf einen leichtsinnigen Kurzschluß der Presse hinweist, die sich auf einen biografischen Aspekt (bürgerliche Erziehung) einschießt und die Musik bzw. Lenas eigentliche Qualitäten kaum beachtet bzw. damit ohne allzu großes Nachdenken kurzschließt. Witzig, daß Lena trotz ihrer Verweigerung private Details preiszugeben, letzten Endes in den Analysen der Presse doch eher über ihre Herkunft und ihre Umgebung definiert wird als über ihre Musik, das ist leider eine penetrante Masche heutzutage, ich habe ein Buch über eine Person herausgegeben, deren Kunst ähnlich durch das Privatleben überdeckt wurde.
Das verdankt sich sich a) dem Großvater, der sofort als Ausrufezeichen gesetzt wurde, als man fast nichts über Lena wußte und b) der konkurrierenden Castingshow Bohlens, die zu einer Gegenüberstellung sich förmlich anbot.
Bei genauerem Hinsehen muß man Lenas Bürgerlichkeit allein schon insofern in Zweifel ziehen, als sie ja Tochter einer allein erziehenden Mutter ist, den nur bedingt bürgerlich wirkenden Vater nie bewußt erlebt hat, die Beziehung zum Großvater völlig unklar ist und Verweise a la "nicht genug Geld für Gesangsunterricht" auch eher darauf hindeuten, daß Lena und Mama nicht im Geld schwimmen. Insofern finde ich die Diskussion um ihren sozialen Hintergrund und die Frage, ob sie antibürgerlich ist oder als Bürgerliche die Antibürgerliche spielt, weil sie es sich leisten kann, gar nicht so entscheidend.
Der entscheidende Punkt ist, daß sie einfach ein Talent hat, einen Song rüberzubringen und in der Öffentlichkeit souverän aufzutreten. In diesem Punkt ist sie tatsächlich die Negation der bürgerlichen Ideologie, daß man es durch Fleiß, Arbeit und Engagement nach oben schaffen kann, denn Lenas Lenahaftigkeit kann man sich nicht erarbeiten. Man hat es oder man hat es nicht. Das bezieht sich allerdings nicht nur auf das Versprechen der Pop-Gegenkultur (zumindestens war es mal eine), es ist in unterschiedlichem Ausmaß bezeichnend für die Kunst generell als ein Metier, das man nicht oder nur begrenzt erlernen kann. Es gab und gibt verschiedene Lehrbücher, Kurse und Schulen für Schauspiel, Regie, Malerei, Musik etc. aber letzten Endes faßt es der Film "Amadeus" von Milos Forman am besten zusammen als der fleißige und intelligente, aber hoffnungslos mittelmäßige Komponist Salieri voller Wut den infantilen und albernen Mozart betrachtet, dessen Genius aber zigmal größer ist.
Was mich an deiner Analyse etwas stört, ist daß du in deinem berechtigtem Furor gegen dieses bekloppte Casting-Show Konzept der Klums und Bohlens Lena so sehr als Gegenfigur zeichnest, die ganz über ihre natürliche Souveränität und ihren Instinkt kommt, daß du ihre eigentliche Leistung etwas schmälerst. Lena läßt ja keine Gelegenheit aus, ihre schulischen Fähigkeiten kleinzureden und darauf hinzuweisen, daß ihre Tage früher aus Schule, essen und gaaanz viel schlafen bestanden, aber dennoch sollte man nicht unterschätzen, wie bewußt sie ihre Auftritte hinter dem Mikrofon und vor der Kamera gestaltet. Sie hat ja selbst gesagt, daß sie sich gerne in den Vordergrund schiebt und die Unterhalterin gibt, allein schon ihre zahlreichen "lustigen" Akzente und Sprechweisen deuten auf die Entertainerin hin, die ihren natürlichen Charme mit allerlei Ideen unterfüttert. Und so ist es auch in der Musik. Lena kann einfach Freude und Begeisterung transportieren, sie wuppt auch noch den mittelmäßigsten Song mit ihrer Aura, aber gleichzeitig denkt sie auch ständig daran, wie sie diese oder jene Textzeile verändern oder diese oder jene Geste variieren oder einbringen kann. Barbara Schöneberger hat sie bei USFO ja schon mal darauf festgenagelt, als sie sinngemäß meinte "Sag mir nochmal, daß du dich nicht inszenierst, so wie du dich da hinstellst und das machst".
Recht hat sie. Lena hat in der Tat einen gottgegebenen Instinkt, Leute mitzureißen und kann es sich leisten, aus sich selbst ohne den Schweiß des Bürgers bei seiner Arbeit diesen weit hinter sich zu lassen, aber ein bißchen ehrgeizige Streberin im Bemühen den Song gut zu transportieren ist sie auch, muß sie auch sein, denn ganz ehrlich nur mit der radikal lässigen "Ich bin der King" Nummer kommt man in der Tat nicht weit, man ist nicht gut beraten, das Handwerkliche ganz aus der Kunst zu verbannen.
Das wären meine zwei Cent dazu und bevor du dich mit dem LML-Feuilleton anlegst, rege ich noch an die Caravaggio-Madonna überdenken. Caravaggio war einer der frühesten Vertreter des Barock mit krass naturalistischen Lichteffekten und realistischen Elementen, am bekanntesten von ihm ist Judith, als sie Holofernes die Rübe abschneidet, mit Madonna ist da nicht viel bei ihm. Hattest du nicht eher Raffael im Sinn? Der war als Madonnenmaler berühmt, wobei der Vergleich mit der Madonna ohnehin nicht wirklich paßt. Nora Tschirner ist eigentlich kein schlechter Referenzpunkt, denn für den Typus des selbstbewußten, modernen jungen Mädchens ist es schwer richtig gute Beispiele vor den 70ern zu finden.
In diesem Sinne habe ich jm's Beitrag geradezu als ein Manifest des Bildungsbürgertums gelesen, gerade in der Absetzung gegen das gutgefönte Streberbürgertum
Jetzt fühle ich mich ertappt! Kann es tatsächlich sein, dass ich derart dekadent bin aus einem solchen Sachverhalt Selbstbewusstsein zu beziehen? :suspekt:
Und dann kommt man zu dem Ergebnis, dass der soziale Hintergrund letztlich doch etwas mit der Geschichte zu tun hat, aber auf einer völlig anderen, viel komplexeren Ebene, als die HTE behauptet. Und auf dieser Ebene hat die Unterscheidung dann auch nichts mehr mit einem blasierten Herunterschauen auf den vermeintlichen Pöbel zu tun.
Und weil es hier wie die Faust aufs Auge (also im urspünglichen Sinne: absolut gar nicht) reinpasst, will ichs mit folgendem Spruch auch noch raushängen lassen, einfach weil mir gerade danach ist:
Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz! Dieser Thread beweisst es :zahn:
Würde mich schon reizen, diesen Diskurs ohne Hektik weiterzuspinnen - eventuell auch an einem anderen Ort, falls die anderen Teilnehmer sich hier gelangweilt fühlen.
Keineswegs: Please continue! Habe seit langem mal wieder das Gefühl wirklich was lernen zu können!
Ey Jupp, Respekt! :verehrung:
Umsicht, Weitsicht, Tiefgründigkeit und Niveau. Es macht Spaß, in diesem Forum zu sein...
gauloises
29.05.2010, 07:32
Insofern finde ich die Diskussion um ihren sozialen Hintergrund und die Frage, ob sie antibürgerlich ist oder als Bürgerliche die Antibürgerliche spielt, weil sie es sich leisten kann, gar nicht so entscheidend.
vielleicht kann man sich darauf einigen, dass lena keine wesentlichen facetten einer bürgerlichkeit innewohnen, und insofern sie auch bei bürgerlichen anklang findet, dies nichts mit standeszugehörigkeit zu tun hat, worauf – so habe ich es zumindest verstanden – juppmartinelli ursprünglich hinweisen wollte. ich würde noch ergänzen, dass lena auch in kein bildungsbürgerliches schema passt (da einige in diesem thread wert auf die unterscheidung bildungsbürgertum <-> kleinbürgertum legen).
dennoch sollte man nicht unterschätzen, wie bewußt sie ihre Auftritte hinter dem Mikrofon und vor der Kamera gestaltet. Sie hat ja selbst gesagt, daß sie sich gerne in den Vordergrund schiebt und die Unterhalterin gibt
du verwechselst möglicherweise impulsivität mit inszenierung.
Lena kann einfach Freude und Begeisterung transportieren, sie wuppt auch noch den mittelmäßigsten Song mit ihrer Aura, aber gleichzeitig denkt sie auch ständig daran, wie sie diese oder jene Textzeile verändern oder diese oder jene Geste variieren oder einbringen kann.
ich bezweifle sehr stark, dass lena „ständig“ an variationen von textzeilen oder gestiken denkt.
Barbara Schöneberger hat sie bei USFO ja schon mal darauf festgenagelt, als sie sinngemäß meinte "Sag mir nochmal, daß du dich nicht inszenierst, so wie du dich da hinstellst und das machst".
woraufhin jan delay barbara schöneberger widerspricht:
„ich glaube, dass sie sie sich keine großen gedanken macht.“ [lena stimmt zu.] „sie lässt es einfach raus.“
dennoch sollte man nicht unterschätzen, wie bewußt sie ihre Auftritte hinter dem Mikrofon und vor der Kamera gestaltet.
du verwechselst möglicherweise impulsivität mit inszenierung.
Sie arbeitet da schon mit einem gewissen Anspruch an sich selbt. Manche würden das wohl als Professionalität bezeichnen. Auf der Bühne selbst, lässt sies mit Sicherheit "einfach passieren" sonst würde nicht der Eindruck von Natürlichkeit und Unverkrampftheit entstehen. Was ja Jupps These zufolge, genau das ist, was sich das "streberhafte" Bürgertum insgeheim wünscht selbst zu besitzen.
Allerding gibt es in der NDR Doku "Unser Star für OSLO" diese Szene, wo Lena nach der Probe bei Verstehen sie Spaß in den Ü-Wagen geht, und sich das alles genau anschaut, ob es in Ordnung geht, und was man noch wie mit dem Sound machen könnte etc. Also arbeitet sie da schon dran und macht sich entsprechende Gedanken.
Es ist natürlich richtig, daß es letztlich an Lenas künstlerischem Talent wie auch ihrer persönlichen Ausstrahlung liegt. Aber man kann ja auch mal unabhängig davon über dieses "Phänomen" sinnieren: was es (für eine Gesellschaft) zu sagen hat, wenn Lena auch viele begeistern kann, die
- keine Castingsshows gucken
- Raab bisher für einen Fernsehproleten gehalten haben
- den ESC nur vom Hörensagen kannten
- normalerweise keinen Pop hören, sondern vielleicht eher Klassische Musik
usw.
Um mal die Gedanken etwas weiter zu spinnen: vielleicht ist "Ikone der Bürgerlichkeit" nur eine Chiffre dafür, daß es USFO-Lena unerwartet gelungen ist, ganz verschiedene Gesellschaftsschichten, Erwartungen, Vorlieben, Geschmäcker zusammenzubringen. Also "nach oben", "nach unten", und in die Breite ausstrahlt. Das ist was anderes als ein "normaler" Popsänger-Hype.
Mal an der kleinen, feinen Beobachtung von jm exemplifiziert:
Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig „scheiße“ und „kotzen“ live im Fernsehen.
Dazu hatte ich kommentiert, daß heutige Höhere Töchter das alles vereinbaren können. Aber vielleicht doch nicht ganz: ne, Tattoos finden die immer noch bäh und proll. Würden die nie selbst haben. Aber so ein kleines und nettes, das können sie (bei anderen) dann doch akzeptieren. Und wenn es dann sogar die Form einer Lilie (klassisch und hochsymbolisch!) hat ....
Und scheiße sagen sie selbst auch höchstens mal in kleinstem Kreis. Finden es aber richtig gut, wenn das mal öffentlich im Fernsehen gegen den alltäglichen Verblödungs-Medien-Banalisierungs-Phrasen-Rummel gesagt wird.
Und hier liegt wohl so etwas wie der gemeinsame Nenner von allen Lena-Fans, ein gemeinsames geheimes Bedürfnis: nichts ist so oft wiederholt worden, als daß sie das Gegenteil von "glattgebügelt" und "angepaßt" ist, -- als Person, aber auch in der künstlerischen Darbietung.
Wobei sich allerdings bei MCP die Meinungen genau hier wieder trennen. Hm. Und damit wären wir bei der Frage nach dem Subversiven. Subversiv - und?/oder? - Höhere Tochter?
Könnte es sein, daß deswegen so viele die "Höhere-Tochter-Erzählung" offenbar nicht akzeptieren wollen???
gauloises
29.05.2010, 20:45
Sie arbeitet da schon mit einem gewissen Anspruch an sich selbt. Manche würden das wohl als Professionalität bezeichnen. Auf der Bühne selbst, lässt sies mit Sicherheit "einfach passieren" sonst würde nicht der Eindruck von Natürlichkeit und Unverkrampftheit entstehen. Was ja Jupps These zufolge, genau das ist, was sich das "sterberhafte" Bürgertum insgeheim wünscht selbst zu besitzen.
zu natürlichkeit und unverkrampftheit würde ich noch unangepasstheit und einen schuss anarchie (manche sagen dazu subversiv) hinzufügen, um dieses faszinosum annähernd erklären zu können.
Allerding gibt es in der NDR Doku "Unser Star für OSLO" diese Szene, wo Lena nach der Probe bei Verstehen sie Spaß in den Ü-Wagen geht, und sich das alles genau anschaut, ob es in Ordnung geht, und was man noch wie mit dem Sound machen könnte etc. Also arbeitet sie da schon dran und macht sich entsprechende Gedanken.
ok. aber es ist etwas anderes, wenn man krank ist und sich sorgen um die quali der performance macht, als wenn man vorm spiegel gestiken oder intonationen einstudiert. in diesem sinne schließe ich eine inszenierung aus.
juppmartinelli
01.06.2010, 12:29
Um das noch abzuschließen: Caravaggio-Madonna (http://en.wikipedia.org/wiki/Madonna_di_Loreto_(Caravaggio)).
(Das sollte kein kunstgeschichtliches Statement sein, da kenn ich mich nicht besonders gut aus. Es war eine sehr persönliche Erinnerung an dieses besondere Bild, das ich mir vorher auch nicht nochmal angesehen habe.)
kaiserschmarren
02.06.2010, 19:34
Hat mich schwerstens beeindruckt-Punkt Nummer 5-7 ganz besonders!! du hast so was von recht!!! und das stimmt nämlich auch mit dem überein was so in der musik-szene passiert: Krasse Outfits, Markenzeichen, Images, die sich die Künstler mühevoll ausdenken und zulegen, so Dinge, die Künstler unverwechselbar machen... jeder normale Mensch ist auf diese Art und Weise unverwechselbar, nur die ganzen SängerInnen nicht, weil sie sich diesem Zirkus der Mächtigen schon unterworfen haben, also sind diese antrainierten unnatürlichen Images nur ein Ersatz für die verloren gegangene/unterdrückte Persönlichkeit des Künstlers... mit dem Ziel gut anzukommen Lena hat das noch von Natur aus... das macht sie unverwechselbar und einzigartig!
LENA FOREVER :-D
Ritter der Lilie
02.06.2010, 21:19
juppmartinelli, ein wirklich guter Beitrag!
Aber: knapp daneben ist eben auch daneben. Wenn sie wirklich so subversiv wäre, warum liefert sie dann z. B. ein geradezu stromlinienförmiges Album ab.
Ganz im Gegenteil: sie ist ganz Produkt ihrer Generation, damit Spiegelbild der heutigen Zeit und der unterschwelligen Wünsche von jung und alt, Mann und Frau und daher erfolgreich.
cyberact
06.06.2010, 20:30
Keine Ahnung, ob Lena das hier alles liest.... aber wenn, dann wird sie sich nen Ast lachen oder keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. Bürgerlichkeit hin oder her, das ist ihr nach meiner Überzeugung völlig Schnurz, - sie macht ihr Ding, so wie sie es macht, - und so macht sie es! Sie ist positiv und sie liebt die Menschen, deshalb lieben die Menschen sie. Sie hat sicher keine Schubladen für Menschen - und ihre Fans stecken (hoffentlich) nicht in Schubladen...
Bravo! Die Analyse der Casting-Show als Unterwerfungsritual war so toll, daß ich auf den Tisch gehauen habe. Beifall auch vom Partner. Ja, Lena hat es denen gezeigt, diesen kranken Psychosadisten, denen es auch noch gefällt, wenn sich der Wurm am Boden windet. Mit dergleichen kann man eigentlich nichts, nichts am Hut haben, wenn man nur halbwegs das Wort Demokratie buchstabieren kann.
In puncto "bürgerlich" könnten wir allerdings weiterdiskutieren. Was aber ist schlecht an "bürgerlich"? Ich kenne das Milieu eines Teils dieser Familie sehr gut, weil ich selber aus einer deutschbaltischen Familie stamme, meine Eltern kamen sogar aus derselben Stadt wie Lenas Opa. Ich weiß natürlich nicht, wieviel Kontakt sie mit ihm hatte. Aber Bildung, Bildung, Bildung wurde in dieser Gesellschaft sehr groß geschrieben. Da darf man auch mal "verdammte Axt" sagen -- oder sogar grade!
Humphrey
10.06.2010, 02:00
juppmartinellis essay-posting aus unserem FORUM nun ausserhalb veröffentlicht von einem journalisten.
weiterlesen -> Quelle: stefan-niggemeier.de (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/lena-ist-nicht-die-ikone-der-buergerlichkeit/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+StefanNiggemeier+%2 8Stefan+Niggemeier%29)
Nigge und Jupp FTW :D sehr schön!
JohannesB
10.06.2010, 02:33
Ach ja, der Jupp - ich vermisse ihn.
Auch beim Wiederlesen ein wirklich gültiger Beitrag aus unseren Reihen. *mit stolz bin* ;)
Cheyenne
10.06.2010, 11:27
Habe dem Jupp gerade erst mal zu seinem letzten post im user-Thread geschrieben.
Jupp, schnauf erstmal durch, und melde Dich dann gerne wieder!
REnegade
10.06.2010, 11:58
Den Text fand ich schon beim ersten mal lesen richtig gut - aber lest hier auch mal die Kommentare, vor allem #50 von noribori. Der hats echt durchschaut.
Cheyenne
10.06.2010, 12:11
Den Text fand ich schon beim ersten mal lesen richtig gut - aber lest hier auch mal die Kommentare, vor allem #50 von noribori. Der hats echt durchschaut.
Danke für den Tipp!
btw -
Die besten Überlegungen und Diskussionen der Fans hatten in den vergangenen Monaten stets ein höheres Niveau als sämtliche professionellen Medienbeiträge.
REnegade
10.06.2010, 12:56
btw -
Die besten Überlegungen und Diskussionen der Fans hatten in den vergangenen Monaten stets ein höheres Niveau als sämtliche professionellen Medienbeiträge.
Ich glaube, ich weiss, woran das liegt. Die Fans gehen das Thema mit Liebe und Spass an und nicht weil ein Redakteur ihnen gesagt hat: "Schreib mal was über ...". Jourmalisten schreiben nicht über Lena, weil es ihnen ein Anliegen ist, sondern weil sie wissen, dass das Thema heiss ist und es die Leute interessiert. Massgeblich ist daher auch nicht, was sie darüber zu sagen haben, sondern was die Leute ihrer Meinung nach lesen wollen. Die gesamte professionelle Berichterstattung wiederspricht daher in ihrem Kern der Philosophie des Lenaismus.
Cheyenne
10.06.2010, 13:24
Keine Ahnung, ob Lena das hier alles liest.... aber wenn, dann wird sie sich nen Ast lachen oder keinen weiteren Gedanken daran verschwenden.
yep - Lena würde sich wohl wundern, und es wie sie selbst sagte nicht allzu ernst nehmen.
Sie hat ja von der Nation und von Europa unreflektiert ihren persönlichen Ausdruck entwickelt.
Wenn sie jetzt "zuviel nachliest/-denkt", was sie nach eigener Aussage nicht tut und ich auch nicht glaube, wäre dieser Ausdruck sehr gefährdet.
Cheyenne
10.06.2010, 13:27
REnegade,
:thumbsup: ... mach nur weiter so ... dann kannste bald den juppmartinelli geben :thumbsup:;)
Spass beiseite - ich stimme Dir zu.
Es ist natürlich ein ganz figelinscher Trick, die Sache jetzt auf den Kopf zu stellen (oder vom Kopf auf die Füße), indem man DSDS als bürgerlicher als bürgerlich entlarvt. Das ist aber ziemlich theoretisch konstruiert. Was daran stimmt, ist, dass die Arbeiterklasse sich immer wieder im Lauf der Geschichte die Wertmaßstäbe der Erfolgreichen adaptiert haben, ungeachtet ihrer Verachtung für die Schicht oben drüber.
Es ist aber sehr einfach, die Welt in oben und unten splitten zu wollen. Wenn bewiesen ist, dass Lena ein paar Verhaltensweisen hat, die man an "höheren Töchtern" noch nicht beobachtet hat, vielleicht einfach aus Mangel an Kenntnissen dessen, wie "höhere Töchter" heute sind oder auch, weil man ein Oberschicht-Image konstruiert, dann kann man vielleicht die Unterscheidung ziehen: Wenn sie nicht so ist, gehört sie zur Unterschicht und ist somit nicht bürgerlich. Das ist doch arg kurz gesprungen. Wer wenig Geld hat, gehört noch lange nicht zur Unterschicht. Gerade in der baltischen Heimat der Familie ML gab es eine deutsche, hochgebildete und bitterarme bürgerliche Schicht. "Sie hatten den Nobelpreis und liefen herum wie Penner", sagte meine Mutter aus intimer Kenntnis. Die Haltung, sich nicht über die äußere Erscheinung, vor allem Kleidung, zu definieren, sondern über Wissen und Talent, ist zutiefst baltisch-bürgerlich. Dann kommt noch dazu eine gewisse Unbeugsamkeit, ein hoher Grad an Individualismus, die Kunst des "Pliggerns", das heißt, kleine verbale Gefechte nach festen Regeln auf höchstem intellektuellem Niveau auszutragen. Ich glaube eher, dass auf irgend einem Wege sich diese Haltung zu Lena durchgemendelt hat. Vielleicht geht sowas doch genetisch.
Auch das zu vermuten gebe ich als bürgerlich zu.
Ebenfalls typisch für die Balten ist eine gewisse Unlust, zur Kenntnis zu nehmen, was andere über einen denken. Das ist ziemlich egal. Man knickt nicht vor den Mächtigen dieser Welt ein, sondern begegnet ihnen auf Augenhöhe.
Auch eine gewisse Dezenz (mal abgesehen von einer Jugendsünde) erkenne ich. Die Weigerung, das Privatleben preiszugeben, die Kleidung, die meilenweit von der strichigen und fetischigen Tabledance-Sexigkeit entfernt ist, die man von den Musik-TV-Sendern kennt. Die Fähigkeit, vor laufender Kamera "Nein" zu sagen. Oder etwas völlig Unerwartetes. Das Baltikum war voll von schnurrigen Charakteren, die mühelos mit den englischen "Eccentrics" mithalten können, und wie wir heute wissen, ist es sehr gesund, exzentrisch zu sein.
Mit anderen Worten: Die ganze Akrobatik, Lena der Bürgerlichkeit zu entkleiden, geht fehl, weil sie von einer Idee der Bürgerlichkeit ausgeht, die falsch definiert, falsch gewertet und falsch angewendet ist. Falsch gewertet, weil hier der Versuch gemacht wird, Lena gegen ein Zerrbild der schrecklichen, furchtbaren Bürgerlichkeit in Schutz zu nehmen.
Ich glaube, sie hat es gar nicht nötig, gegen irgendwas in Schutz genommen zu werden.
Johannalein
10.06.2010, 15:18
Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, zu rauchen und sich gelegentlich zu besaufen, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig “scheiße” und “kotzen” im Fernsehen.
Aus dem Artikel zitiert..
Hat sie mal gesagt, das sie raucht?
Von den anderen Sachen habe ich ja immer etwas mitbekommen, aber von rauchen hat sie doch nicht geredet, oder?
Liebe Grüße
Johanna
Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, zu rauchen und sich gelegentlich zu besaufen, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig “scheiße” und “kotzen” im Fernsehen.
Ja ja, und die diese Türkdeutsch sprechenden 15 Jährigen gehören auch alle der Unterschicht an. Alle Bildungsbürger laufen natürlich auch den ganzen Tag im Anzug rum reden hochdeutsch.
Mehr Klischee geht nicht. Am Verhalten und Aussehen kann man nicht die Schicht oder das Milieu erkennen, das ist mittlerweile doch schon alles verschwommen.
Hat sie mal gesagt, das sie raucht?
Ja hat sie. Darüber wurde ausgiebig diskutiert, hier:
http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/showthread.php?t=1569
[Edit: Ich bin dafür alle die Post hier in den alten Thread zu verschieben:
http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/showthread.php?t=1829 ]
Mit anderen Worten: Die ganze Akrobatik, Lena der Bürgerlichkeit zu entkleiden, geht fehl, weil sie von einer Idee der Bürgerlichkeit ausgeht, die falsch definiert, falsch gewertet und falsch angewendet ist.
Die eigene Meinung zu Jupps Artikel steht und fällt sicherlich mit der persönlichen Definition von Bürgerlichkeit! Dennoch funktioniert er auf sovielen anderen Ebenen, da er eben als Gegenstück zum sonstigen Feuilleton- Geschreibsel erstell wurde.
Die Argumentationen zu Castingshows an sich, die eben nicht das dem Künstler Innewohnende fördern, sondern ihn brechen und in ein fremd bestimmtes Bild zwingen wollen, treffen alle voll ins Schwarze.
Und für mich der wichtigste Teil, ist die Erinnerung daran, wofür die Pop- und U-Musik eigentlich mal stand, bevor Musikindustrie und Komerz ihre Geschicke geleitet haben. Das war und ist Balsam auf meine "Seele", nachdem MCP von vielen mit musikalischen Qualitätsansprüchen gemessen wurde, die http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/forum/images/smilies/lena_orbit.gifeNA selbst nie hatte.
tja, der Niggemeier hat halt Sinn für Gutes ;)
aber lest hier auch mal die Kommentare, vor allem #50 von noribori. Der hats echt durchschaut.
Danke für den Hinweis, - klingt ja fast nach einem Forumsteilnehmer. Die beste Passage sei mal hier zitiert:
Mit einer solchen Weigerung, brav und ehrlich zu antworten, rettet sich Lena häufig aus Situationen, in denen ein Gesprächspartner versucht, sie in die Ecke zu drängen. Mit der Fähigkeit, spielerisch die Situation umzuinterpretieren, beharrt sie darauf, widersprüchlicher und komplexer zu sein, als es die Fragestellung vorsieht. Sie rebelliert damit aber nicht gegen eine „korsetthafte bürgerliche Ordnung“, sondern gegen die Schablonenhaftigkeit eines Gesprächs oder gegen die Gepflogenheiten des langweilig routinierten Medienbetriebs.
@Sir Eva
sehr schöne kleine Abhandlung über die Baltendeutschen!
Wie weit da Familienprägung im Spiel ist, weiß man natürlich nicht, klingt aber schon überzeugend.
So jetzt gilt es nur noch herauszufinden unter welchem Decknamen Niggemeier hier unterwegs ist.
support4lena
11.06.2010, 11:10
So jetzt gilt es nur noch herauszufinden unter welchem Decknamen Niggemeier hier unterwegs ist.
Das muss nicht sein. Den Artikel kann ihm auch jemand zugetragen haben.
Niggemeier schrob, dass er auf den Text aufmerksam gemacht wurde.
Zitat:
[Mit Dank an Max D., der mich auf den Text aufmerksam gemacht hat.]
Grüße
Laura
Kleine Kritik am Artikel: Stefan Raab ist nicht der Entdecker von Lena, sondern Alexander Hold.
Stimmt, sie ist durch Alexander Hold berühmt geworden! :)
Stimmt, sie ist durch Alexander Hold berühmt geworden! :)
Stefan Raab hat auch nie behauptet, Lenas Entdecker zu sein. Daher finde ich diese inflationiäre Verwendung des Begriffs Entdecker ziemlich daneben. Mentor ist okay, aber der Zusatz Entdecker nervt.
JohannesB
11.06.2010, 20:21
Kleine Kritik am Artikel: Stefan Raab ist nicht der Entdecker von Lena, sondern Alexander Hold.
Das ist auch nur wieder fast richtig, denn Alexander Hold besetzt die Rollen seiner Show nicht selbst.
Das Verdienst der Entdeckung kommt aber zweifellos denen zu, denen als erste die Hand Gottes den Arm führte, um Lena aus einer Komparsenkartei zu fischen. Diese Kartei hat sicher einen wesentlich größeren Umfang als die armseeligen 4500 Castingbox-Videos.
Der Herr möge es ihnen danken.
Wenn das Bürgertum LML liebt, dann nicht deswegen, weil sie genauso ist, wie es selbst, sondern weil es sich heimlich danach sehnt, ganz anders zu sein, als es ist.
Das ist meiner Meinung nach der Schlüsselsatz im ganzen Post und zeigt auch sehr deutlich was diese Lenamania ausmacht. Lena symbolisiert die Unbeschwertheit und Unbekümmertheit, die jeder "Bürger" gerne haben würde, aber aufgrund von Krisen, privaten Dingen usw nie wirklich haben kann.
Außerdem suggeriert sie, dass sie so ist wie sie scheint, ganz unverstellt. Diese Kunst, sich nie zu verstellen, dass ist es auch, was alle, denke ich, so an ihr zu bewundern.
Das ist meiner Meinung nach der Schlüsselsatz im ganzen Post und zeigt auch sehr deutlich was diese Lenamania ausmacht. Lena symbolisiert die Unbeschwertheit und Unbekümmertheit, die jeder "Bürger" gerne haben würde, aber aufgrund von Krisen, privaten Dingen usw nie wirklich haben kann.
Außerdem suggeriert sie, dass sie so ist wie sie scheint, ganz unverstellt. Diese Kunst, sich nie zu verstellen, dass ist es auch, was alle, denke ich, so an ihr zu bewundern.
Genau das ist es auch warum ich so liebe <3
Wolfgang
15.06.2010, 15:50
Es ist ein uraltes menschliches Bedürfnis, solche Phänomäne erklären zu wollen und das ganze auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen.
Mir fällt dazu ein Zitat ein, das meines Wissens John Coltraine zugeschrieben wird (ganz ganau weiß ich das jetzt aber nicht - habs nicht im Internet gefunden):
Auf die Frage von Journalisten, ob er sich dessen bewusst sei, was er für den Fortschritt des Jazz geleistet habe, antwortete dieser: "Was versteht ein Vogel schon von Ornithologie?"
Ich finde, das passt irgendwie zum Phänomän Lena mit all den Erklärungsversuchen dazu!
Lena ist die Ikone der Generation Youtube, denn ohne das Internet wäre Lena nie so berühmt geworden, wie sie es jetzt ist.
gauloises
15.06.2010, 18:11
Es ist ein uraltes menschliches Bedürfnis, solche Phänomäne erklären zu wollen und das ganze auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen.
wobei jupps essay hauptsächlich gegen ein erklärungsmuster gerichtet ist, das zumindest bis vor kurzem in den meisten feuilletons noch majoritär war: das ding mit der "höheren tochter". so gesehen ist der essay für mich zunächst eine äußerst gelungene gegen-erklärung, die sich von unendlich vielem schwachsinn im deutschen blätterwald abhebt (siehe presse-thread der letzten wochen und monate).
aber wenn du von „phänomen“ sprichst, bin ich bei dir. diesem phänomen kann man sich bestenfalls nur annähern, aufschlüsseln kann man es nicht.
...Coltraine:... "Was versteht ein Vogel schon von Ornithologie?"
:thumbsup: Genau!
Und in unserem Fall sind wir die Vögel und können uns unser Schwarmverhalten nicht erklären. ;)
Mir reicht im übrigen als Erklärung für mich die undefinierbare "Lenahaftigkeit" Lenas, wie Niggemeier sagte, völlig aus - also eine sehr direkte und persönliche Erklärung ohne irgendwelchen gesellschaftlichen Kram dazwischen zu schieben.
Ich möchte den verschiedenen Annäherungen - und den, wie weiter oben schon gesagt, tiefschürfenden Betrachtungen Martinellis - an bzw. über das "Phänomen" Lena und ihre besondere Ausstrahlung noch eine begriffliche Deutung hinzufügen, die mir besonders passend zu sein scheint: CHARISMA !
Dieser aus dem Alt-Griechischen stammende Begriff bezeichnet ursprünglich eine (göttliche) "Gnadengabe", d.h. Menschen in besonderer Weise ansprechen und anrühren zu können.
Das hat Marius Müller-Westernhagen an jenem legendären 2.2. wohl gemeint, als er den "magic moment" in die Formulierung kleidete, dass die Menschen Lena ganz tief spüren würden.
Ist es nicht berührend, dass dies Lena bei ganz, ganz vielen Menschen vermocht hat und bis heute vermag - und wir davon so beglückt sind, dass wir diesem Glücksempfinden nachspüren und auf den Grund zu kommen versuchen?
GLÜCKSGEFÜHLE!
Symbolchen
17.06.2010, 01:35
einfach sein
Lena ist irgendwie Zen
Aristophanes
19.06.2010, 22:12
Jupp, was für eine fantastische Analyse! Und bei weitem nicht der einzig wirklich tolle Beitrag von Dir! Bin von ihnen richtig meta-lena-geflasht und hoffe, man hört mal wieder von Dir!
Alles Gute!
Aristophanes
Grombold
19.06.2010, 23:22
Es wird ja permanent von Seiten der Presse versucht Lena für ihre Zwecke zu vereinnahmen.
Dem hat Jupp mit diesem Beitrag hier mal entschieden entgegen gewirkt, indem er sie aus der Schublade der Bürgerlichkeit gezogen hat. Um dann den Bogen zur Musik und Kunst zu schlagen und zwar vollkommen zu recht.
Lenas Anliegen sind weder Politik, Religion oder sowas, sie will sich einfach nur künstlerisch, kreativ betätigen.
Ganz großer Beitrag. :thumbsup:
Ich merke gerade das ich mich noch garnicht für diesen hervorragenden Beitrag bedankt habe obwohl ich ihn schon 10 mal gelesen habe. In diesem Sinne VIELEN DANK! Ich habe nichts hinzuzufügen.
Tiny Tim
17.08.2010, 20:00
Ein Medienprofi kann sie ja noch gar nicht sein, dazu gibt es sie noch viel zu kurz. Sie versteht es jedoch in keine Fettnäpfchen zu treten und was sehr wichtig ist: sie bleibt immer freundlich.
vllt. wurde ihr diese gabe in die wiege gelegt ... sozusagen zum medienprofi geboren :zahn: auf jeden fall hilft ihr diese coolness und cleverness, diese unaufgeregtheit in jeder lage ungemein. gerade das ist ja auch das geheimnis ihres erfolges. :thumbsup:
"Höhere Tochter", das setzt aber gerade an einem anderen Punkt an, den besser gestellten Bürgern, die sagen nämlich: wir können es uns erlauben, lässig zu sein, Geschmack zu haben ... Abrackern, Konkurrenzdenken, Unterwerfung für den Aufstieg, das müssen nur die, die es noch nicht geschafft haben! Der Proletarier oder Kleinbürger muß schuften, wir haben einfach das Talent. Deshalb können wir ironisch lächeln!
Gerade der etablierte Bürger kann es sich leisten, antibürgerlich zu denken und zu handeln, das Bürgertöchterchen kann rebellieren, aussteigen, das tun, was ihr Spaß macht, solange es in einem gewissen Rahmen bleibt. Dieser konventionelle Rahmen ist ohnehin nicht mehr so eng wie einst. Auch wenn es ganz aus dem Rahmen fällt, ist die Rückkehr nicht verbaut. Sie gewinnt gar die Sympathie all jener Bürger, die dies auch wollen und sich danach sehnen. Wenn sie scheitert oder einfach genug hat, kann sie immer noch in die bürgerl. Welt zurückkehren, sie landet weich, sie musste diese Welt ja nicht einmal richtig verlassen. Zukunftssorgen sind ihr fremd, Zukunftspläne kaum notwendig.
Dem Unterschichtskind fiele eine solche Freiheit aus existentiellen Gründen kaum ein, der tatsächl. oder nur suggerierte Druck des Aufsteigenmüssens lastete auf ihm, dem Aufsteigerkind wäre zudem die Gefahr des Abstiegs nah, davon abgesehen, daß ihm eher Leistungstugenden von der Elterngeneration vermittelt werden.
Antibürgerlichsein ist also eine Freiheit des Bürgerlichen.
Bei genauerem Hinsehen muß man Lenas Bürgerlichkeit allein schon insofern in Zweifel ziehen, als sie ja Tochter einer allein erziehenden Mutter ist, den nur bedingt bürgerlich wirkenden Vater nie bewußt erlebt hat, die Beziehung zum Großvater völlig unklar ist und Verweise a la "nicht genug Geld für Gesangsunterricht" auch eher darauf hindeuten, daß Lena und Mama nicht im Geld schwimmen. Insofern finde ich die Diskussion um ihren sozialen Hintergrund und die Frage, ob sie antibürgerlich ist oder als Bürgerliche die Antibürgerliche spielt, weil sie es sich leisten kann, gar nicht so entscheidend.
Der entscheidende Punkt ist, daß sie einfach ein Talent hat, einen Song rüberzubringen und in der Öffentlichkeit souverän aufzutreten. In diesem Punkt ist sie tatsächlich die Negation der bürgerlichen Ideologie, daß man es durch Fleiß, Arbeit und Engagement nach oben schaffen kann, denn Lenas Lenahaftigkeit kann man sich nicht erarbeiten. Man hat es oder man hat es nicht.
[...]
Was mich an deiner Analyse etwas stört, ist daß du in deinem berechtigtem Furor gegen dieses bekloppte Casting-Show Konzept der Klums und Bohlens Lena so sehr als Gegenfigur zeichnest, die ganz über ihre natürliche Souveränität (Hervorhebung von W.S.) und ihren Instinkt kommt, daß du ihre eigentliche Leistung etwas schmälerst. Lena läßt ja keine Gelegenheit aus, ihre schulischen Fähigkeiten kleinzureden und darauf hinzuweisen, daß ihre Tage früher aus Schule, essen und gaaanz viel schlafen bestanden, aber dennoch sollte man nicht unterschätzen, wie bewußt sie ihre Auftritte hinter dem Mikrofon und vor der Kamera gestaltet.
"Obgleich nicht nur der Kleinbürger über sie verfügt, erweist sich die typisch kleinbürgerliche Erfahrung der Sozialwelt zunächst als Schüchternheit, als Gehemmtheit dessen, dem in seinem Leib und seiner Sprache nicht wohl ist, der beides, statt mit ihnen eins zu sein, gewissermaßen von außen, mit den Augen der anderen betrachtet, der sich fortwährend überwacht, sich kontrolliert und korrigiert, der sich tadelt und züchtigt und gerade durch seine verzweifelten Versuche zur Wiederaneignung eines entfremdeten 'Seins-für-den-Anderen' sich dem Zugriff der anderen preisgibt, der in seiner Überkorrektheit so gut sich verrät wie in seiner Ungeschicklichkeit [...] Auf der Gegenseite setzt die Ungezwungenheit, diese Art Gleichgültigkeit gegenüber dem vergegenständlichenden Blick der anderen und darin Neutralisierung von deren Macht, die aus der Gewißheit gewonnene Selbstsicherheit voraus, [...] in der Lage zu sein, die Normen der Wahrnehmung des eigenen Körpers durchzusetzen, kurzum über alle Machtmittel zu verfügen, die zwar - wie stattliche Erscheinung und Charme - ihren Sitz im Körper haben können und sich dessen besonderer 'Waffen' zu bedienen scheinen, im Kern gleichwohl nicht auf ihn zurückzuführen sind." (Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede S.331)
"Du vermittelst ein starkes Selbstbewusstsein. Woher stammt das? -- Erziehung!" Lena im clixoom-Fragenlotto
Liebe Leute,
eigentlich hatte ich diesen Thread schon als abgeschlossen betrachtet. Lenas o.g. Äußerung hat meine Meinung geändert, und den letzten Anlass gaben mir Raab und Broesie mit ihren eingangs genannten Zitaten. Ansetzen möchte ich wiederum mit dem Begriff, den ich in Lubitschs Beitrag hervorgehoben habe; hier setzt mein Widerspruch ein. Ihre Souveränität ist bewundernswert und vorbildlich, aber sie ist alles andere als "natürlich". Lena sagt es selbst: Erziehung gab ihr, was sie dazu befähigt; und Pierre Bourdieu analysiert treffend die gesellschaftlichen Hintergründe. Lubitsch hat recht, wenn er darauf hinweist, dass wir nichts darüber wissen, wie präsent Lenas Großvater in ihrem bisherigen Leben gewesen ist, aber es ist allgemein bekannt, welch große Bedeutung Großväter und Großmütter im allgemeinen für Kinder haben. Und da Lena ein ehelich geborenes Kind ist (das schließe ich jedenfalls daraus, dass sie den Nachnamen ihres Vaters trägt), dürfen wir annehmen, dass ein Botschaftersohn keine Kleinbürgertochter heiratet. Bourdieus großes Verdienst ist es, die Bedeutung der relativen Eigenständigkeit kulturellen Kapitals gegenüber dem ökonomischen Kapital herausgearbeitet zu haben; will sagen: dass Lenas Mutter gewisse Luxusgüter nicht erwerben konnte, steht in keinem Gegensatz zu ihrem sozialen Status. Ich halte es nach den vorstehenden Ausführungen für ausgeschlossen, dass ein solches Selbstbewusstsein, wie Lena es besitzt, möglich wäre, ohne dass im Hintergrund ein soziales und kulturelles Kapital steht, das ihr von klein auf den Rücken gestärkt hat; unabhängig davon, wieviel Einkommen oder Vermögen der Familie zur Verfügung steht.
LG
WS
P.S. Ich habe mich in meinem vorletzten Satz möglicherweise etwas missverständlich ausgedrückt und möchte ihn folgendermaßen modifizieren: dass Lenas Mutter gewisse Luxusgüter nicht erwerben konnte, präjudiziert nicht ihren sozialen Status.
LukePritchard
19.08.2010, 14:58
genau das ist das überflüssige pseudointelligente geschwubel
genau das ist das überflüssige pseudointelligente geschwubel
Wohingegen Deine bisherigen acht Beiträge eine ungeheure Bereicherung sind. Es zwingt Dich übrigens niemand, diesen Thread zu lesen.
BTW: Es heißt "GeschwuRbel".
gauloises
19.08.2010, 19:10
@walter und @gesamter thread: vieles hier ist stichhaltig und sehr schön zu lesen. was mir etwas "untergeht", ist das element der unbegreiflichkeit: "alle hundert jahre passiert etwas unfassbares" - oder so ähnlich, entschuldigt meine sprachliche hilflosigkeit. meine sicht mag theatralisch bis religiös klingen (und ein religiöser bin ich nicht), aber ich muss für meine warte gestehen, auf der analytischen ebene habe ich längst kapituliert. sowas von.
Tiny Tim
19.08.2010, 19:22
@walter und @gesamter thread: vieles hier ist stichhaltig und sehr schön zu lesen. was mir etwas "untergeht", ist das element der unbegreiflichkeit: "alle hundert jahre passiert etwas unfassbares" - oder so ähnlich, entschuldigt meine sprachliche hilflosigkeit. meine sicht mag theatralisch bis religiös klingen (und ein religiöser bin ich nicht), aber ich muss für meine warte gestehen, auf der analytischen ebene habe ich längst kapituliert. sowas von.
Also anbeten tu ich die Lena auch nicht, aber...
:wub::wub::wub::wub::wub::wub::wub::wub: :wub::wub::wub::wub::wub::wub::wub::wub: :wub::wub::wub::wub::wub::wub::wub::wub: :wub::wub::wub::wub:
Und ein ganz normaler Mensch ist sie eben doch nicht. Ich versuchs mal mit folgendem, etwas altmodisch klingendem Satz: Sie vereint alle Tugenden in sich. So. Das meine ich ernst. Und jetzt finde man mal jemand anders, von dem man das sagen kann. Oder man nenne eine Tugend, die Lena nicht verkörpert; ich wäre sehr neugierig, die zu erfahren! Unsere Vorfahren in vorindustriellen Zeitaltern haben solche Menschen, die ohnehin nur alle paar Jahrhunderte mal auftauchen, immer verehrt und mit dem Göttlichen in Verbindung gebracht. Vielleicht kann man ja sagen, dass Lena der endgültige Gottesbeweis ist... ;-)
Hallo Gallier ;),
wie Du siehst, bin ich im Grunde ganz bei Dir; nur versuche ich, in verschiedenen Threads mit verschiedenen Schwerpunkten auch verschiedene Perspektiven einzunehmen. Außerdem lässt sich nicht bestreiten, dass Lena kein Astralwesen ist, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, somit also ein gesellschaftliches Wesen, das Prägungen durch Familie, peer groups, Schule und andere soziale Gruppen erhalten hat. Insofern muss gerade ihr Selbstbewusstsein erklärbar und somit auch begreiflich sein, und daran sehe ich nichts, was ihrer Faszination abträglich wäre, denn ihre künstlerischen Talente sind aus ihrer sozialen Prägung nicht ohne weiteres erklärbar.
wie Du siehst, bin ich im Grunde ganz bei Dir; nur versuche ich, in verschiedenen Threads mit verschiedenen Schwerpunkten auch verschiedene Perspektiven einzunehmen. Außerdem lässt sich nicht bestreiten, dass Lena kein Astralwesen ist, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, somit also ein gesellschaftliches Wesen, das Prägungen durch Familie, peer groups, Schule und andere soziale Gruppen erhalten hat. Insofern muss gerade ihr Selbstbewusstsein erklärbar und somit auch begreiflich sein, und daran sehe ich nichts, was ihrer Faszination abträglich wäre, denn ihre künstlerischen Talente sind aus ihrer sozialen Prägung nicht ohne weiteres erklärbar.
Von dem ollen Germanisten Emil Staiger stammt der Ausspruch, man versuche bei einer Interpretation zu "begreifen, was einen ergreift". Wobei ich vollstes Verständnis dafür habe, wenn jemandem dieses Begreifen-Wollen den Spaß verdirbt. Mir macht es Spaß. Und das Schöne ist ja, dass ein Rest, und nicht nur ein kleiner Rest, des Unbegreiflichen immer übrig bleibt - bei jedem großen Kunstwerk ist das so, und bei Lena erst recht. Man kann sich nur ein bisschen annähern. Der Zauber bleibt da als etwas Größeres, so oder so.
gauloises
19.08.2010, 19:49
Außerdem lässt sich nicht bestreiten, dass Lena kein Astralwesen ist
manchmal (aber nur manchmal) bin ich da unschlüssig...
Tiny Tim
19.08.2010, 20:46
Von dem ollen Germanisten Emil Staiger stammt der Ausspruch, man versuche bei einer Interpretation zu "begreifen, was einen ergreift". Wobei ich vollstes Verständnis dafür habe, wenn jemandem dieses Begreifen-Wollen den Spaß verdirbt. Mir macht es Spaß.
:hach:
Und das Schöne ist ja, dass ein Rest, und nicht nur ein kleiner Rest, des Unbegreiflichen immer übrig bleibt - bei jedem großen Kunstwerk ist das so, und bei Lena erst recht. Man kann sich nur ein bisschen annähern. Der Zauber bleibt da als etwas Größeres, so oder so.
Das hast Du aber schön gesagt. :) :thumbsup2:
Bin hier irrtümlich mit einem Doppelpost reingestolpert, jetzt:
...
Axel1954
06.04.2011, 15:26
Liebe Leute,
will sagen: dass Lenas Mutter gewisse Luxusgüter nicht erwerben konnte, steht in keinem Gegensatz zu ihrem sozialen Status. Ich halte es nach den vorstehenden Ausführungen für ausgeschlossen, dass ein solches Selbstbewusstsein, wie Lena es besitzt, möglich wäre, ohne dass im Hintergrund ein soziales und kulturelles Kapital steht, das ihr von klein auf den Rücken gestärkt hat; unabhängig davon, wieviel Einkommen oder Vermögen der Familie zur Verfügung steht.
LG
WS
P.S. Ich habe mich in meinem vorletzten Satz möglicherweise etwas missverständlich ausgedrückt und möchte ihn folgendermaßen modifizieren: dass Lenas Mutter gewisse Luxusgüter nicht erwerben konnte, präjudiziert nicht ihren sozialen Status.
Mir war beim nochmaligen lesen ein bildliches Beispiel dazu eingefallen, diesen Absatz von Walter S. in eine Wort visualisiert "verarmter Landadel"!
LilyHydrangea
06.09.2011, 00:20
Hallo,
ich hab diesen Thread tatsächlich erst jetzt entdeckt (Schande über mich) und bin geschockt.
Ja allerdings. Es erschüttert mich zutiefst. Es entsetzt mich. Es widert mich geradezu an...
... dass solche grandiosen Texte hier versumpfen.
Nun, versumpfen würde ich das insofern nicht nennen, als ihn ja außer Dir alle kannten :lach:
Aber in der Tat würde er sich als z.B. im Lenaisten-Blog nicht schlecht machen, auch wenn er deutlich älter ist als der Blog selbst.
Tiny Tim
06.09.2011, 01:11
@BirthysFireflies, @Ill: Vor dem Meckern besser lesen! ;) Juppmartinellis grandioser Text "versumpft" hier keineswegs:
juppmartinellis essay-posting aus unserem FORUM nun ausserhalb veröffentlicht von einem journalisten.
weiterlesen -> Quelle: stefan-niggemeier.de (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/lena-ist-nicht-die-ikone-der-buergerlichkeit/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+StefanNiggemeier+%2 8Stefan+Niggemeier%29)
@BirthysFireflies, @Ill: Vor dem Meckern besser lesen! ;) Juppmartinellis grandioser Text "versumpft" hier keineswegs:
War mir durchaus bekannt. Meine Antwort auf BirthysFireflies war keineswegs ironisch sondern ausschließlich "boshaft" zu verstehen :D
Dabei ist Sorge um mangelnde Beachtung ja nicht ganz unbegründet. Auch der Post von Humphrey nützt ja demjenigen nichts, der diesen Thread nicht findet ...
Tiny Tim
06.09.2011, 01:24
Dabei ist Sorge des Versumpfens ja nicht ganz unbegründet: Der Post von Humphrey nützt ja demjenigen nichts, der diesen Thread nicht findet ...
Na ja, dafür ist Niggemeiers Blog aber ein um so stärkerer Multiplikator.
Na ja, dafür ist Niggemeiers Blog aber ein um so stärkerer Multiplikator.
Das kann ich allerdings bestätigen. Auch mir ist der Beitrag so bereits vor meiner Forumszeit begegnet.
Einiges am Text kann man jetzt relativieren. Lena scheint kaum (mehr?) Alkohol zu trinken, raucht (nicht?) mehr und nimmt jetzt Balletunterricht :)
Brummell
07.09.2011, 01:49
Einiges am Text kann man jetzt relativieren. Lena scheint kaum (mehr?) Alkohol zu trinken, raucht (nicht?) mehr und nimmt jetzt Balletunterricht :)
Woher stammt euer Insider-Wissen, dass sie einst trank und rauchte und nun gänzlich diesen Lastern entsagt hat. :lol2:
Woher stammt euer Insider-Wissen, dass sie einst trank und rauchte und nun gänzlich diesen Lastern entsagt hat. :lol2:
Steht im besagten Streitartikel mit der Überschrift des Theads und das mit dem nicht mehr ... tun schlussfolgere ich aus den diversen Sendungen, Dokus etc. ;)
Wäre vielleicht eine Twitter Frage: " rauchst und/oder trinkst Du und wenn ja, was? " LOL
Doktor Landshut
07.09.2011, 01:57
Woher stammt euer Insider-Wissen, dass sie einst trank und rauchte und nun gänzlich diesen Lastern entsagt hat. :lol2:
Vermutlich ein neuer Mythos nach dem Amy Winehouse Schock... :hmm:
Brummell
07.09.2011, 09:26
Steht im besagten Streitartikel mit der Überschrift des Theads und das mit dem nicht mehr ... tun schlussfolgere ich aus den diversen Sendungen, Dokus etc. ;)
Wäre vielleicht eine Twitter Frage: " rauchst und/oder trinkst Du und wenn ja, was? " LOL
Wirklich hilfreich sind deine spärlichen Angaben nicht.
Oh Freund bedenke, es hat mich erst vor 2 Monaten hierher verschlagen und vieles an den Thread-Strukturen ist mir noch unbekannt.
david davidson
07.09.2011, 15:51
Wirklich hilfreich sind deine spärlichen Angaben nicht.
Oh Freund bedenke, es hat mich erst vor 2 Monaten hierher verschlagen und vieles an den Thread-Strukturen ist mir noch unbekannt.
Dass sie raucht hat Lena im "Frühstück bei mir" (http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/forum/showthread.php?1569-16.05.2010-%D63-Fr%FChst%FCck-bei-mir-9-11-Uhr) Radiointerview gesagt, Mitte Mai 2010. Dass sie NICHT raucht, sagte sie in "Dein Spiegel" (http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/forum/showthread.php?4349-%84Dein-SPIEGEL%93-%84Lena-Jetzt-rede-ich%93) im Frühjahr dieses Jahres. :D
Bei der Sache mit dem Trinken müsste ich jetzt allerdings auch suchen, keine Ahnung wo sie sich dazu mal geäußert hat... :hmm:
Dankeschoenst
07.09.2011, 17:16
also zu dem trinken weiß ich nur dass sie gesagt hat:
ich war einmal betrunken: da wurde ich böse abgefüllt
und sie trinkt lieber mischbier als pils
Brummell
07.09.2011, 17:28
also zu dem trinken weiß ich nur dass sie gesagt hat:
ich war einmal betrunken: da wurde ich böse abgefüllt
und sie trinkt lieber mischbier als pils
Total abstinent dürfte sie allerdings nicht sein. Ich glaube mich zu erinnern, daß man ihr bei Talk nach 9 ausversehen eine Weinschorle hingestellt hat und als man ihr anbot sie auszutauschen lehnte sie ab. :zahn:
Brummell
07.09.2011, 17:29
Dass sie raucht hat Lena im "Frühstück bei mir" (http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/forum/showthread.php?1569-16.05.2010-%D63-Fr%FChst%FCck-bei-mir-9-11-Uhr) Radiointerview gesagt, Mitte Mai 2010. Dass sie NICHT raucht, sagte sie in "Dein Spiegel" (http://www.lenameyerlandrut-fanclub.de/forum/showthread.php?4349-%84Dein-SPIEGEL%93-%84Lena-Jetzt-rede-ich%93) im Frühjahr dieses Jahres. :D
Bei der Sache mit dem Trinken müsste ich jetzt allerdings auch suchen, keine Ahnung wo sie sich dazu mal geäußert hat... :hmm:
Gibts den Text von "Dein Spiegel" hier im Forum ?
ich will mich mit lena betrinken :skandal:
ich finde den eingangspost sehr lesenswert :)
Tiny Tim
13.09.2011, 22:30
ich will mich mit lena betrinken :skandal:
:-D Oh, ich glaube, ich kenne jemanden, der da mitziehen würde. ;) Nee, zwei. :D
:-D Oh, ich glaube, ich kenne jemanden, der da mitziehen würde. ;) Nee, zwei. :D
Ich glaube, ich muss jetzt nicht "drei" sagen ;). Aber ich muss dieses vollendete Stück Kurzprosa noch einmal zitieren:
ich will mich mit lena betrinken :skandal:
Verabredungen zu Besäufnissen (mit oder ohne Lena) sind dieses Threads übrigens absolut würdig (sähe jupp genauso, schätze ich* ... äh, doch drei :D.)
*omis Satz ist ja quasi eine Kurzfassung oder, auf Neudeutsch, ein Abstract seines Artikels.
:-D Oh, ich glaube, ich kenne jemanden, der da mitziehen würde. ;) Nee, zwei. :D
Würde wohl eher ein Massenbesäufnis. ;)
juppmartinelli
14.09.2011, 04:05
*omis Satz ist ja quasi eine Kurzfassung oder, auf Neudeutsch, ein Abstract seines Artikels.
Das ist eine Kurzfassung von schätzungsweise 95% der Beiträge dieses Forums, oder? :D
vampire67
14.09.2011, 08:23
Woher stammt euer Insider-Wissen, dass sie einst trank und rauchte und nun gänzlich diesen Lastern entsagt hat. :lol2:
Sollte sie letzteres noch tun wäre sie zumindestens eine sehr heimliche raucherin.
Rund um den ESC konnte man einen ganzen schwung der Poolies in diversen rauchzonen beobachten (z.B. auch ihre backies), Lena nicht. Und mit den rauchverboten in innenräumen sammt rauchmeldern ist es verdammt schwierig geworden heimlich zu rauchen.
Das trinken stammt auch aus dem zukünftigen talk mit Ina (hab grad in meine glaskugel geschaut).
vieleicht raucht sie auch nur wenn sie trinkt wie z.b. avril ...
DerChecker2012
16.09.2011, 16:46
Ich denke schon, dass sie noch raucht. Wieso sollte sie auch so plötzlich aufhören?
Vielleicht weil sie 1000 Kinder haben will?
Wieso sollte sie auch so plötzlich aufhören?
Na, es gibt wohl ein Dutzend Gründe zum Aufhören, und es geschieht dann eigentlich fast immer plötzlich ...
Vielleicht weil sie 1000 Kinder haben will?
Genau, da bleibt nämlich gar keine Zeit zum Rauchen! ;)
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