PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Albanien: Suus - maximale Polarisierung



wolf11
23.05.2012, 15:21
Auch wenn die bisherige Struktur des Unterforums ESC keine einzelnen Beiträge aufweist, möchte ich hier eine Ausnahme vorschlagen. Eine erste Rechtfertigung habe ich bereits in den Thread-Titel übernommen - und für Polarisierung aller Art sind wir hier doch absolut zuständig. ;)

Dabei muss ich zugeben, dass auch ich bei den ersten Nebenbei-Reinhör-Kontakten mit Rona Nishlius Suus[/I] eher verstört war. Es fällt schwer, in dem Song eine Struktur zu erkennen, die Abwehr-Reflexe wegen (vermutlich doch wohl unmotivierten) Rumschreiens sind nicht leicht zu kontrollieren.

Die Fassung im Semifinale schien mir schon etwas zugänglicher, und auch vorher war mir bereits aufgefallen, dass neben häufiger Ablehnung auch immer wieder uneingeschränkte Anerkennung geäußert wird, sowohl bei "uns" (bzw. einfach hier) wie auch andernorts. Und so hab ich einfach mal versucht, eine Version mit lyrics zu finden - manchmal hilft das ja...

Gefunden habe ich das folgende Video:

http://www.youtube.com/watch?v=x3xTWhAQaN0

Ich habe den Eindruck, es hilft wirklich. Und auch die Ästhetik des Videos tritt einem noch mal so richtig in die Kniekehlen. Was nicht heißen soll, dass nun "alles klar" sei, es wird einem (für mein Gefühl) einfach unheimlich ambitioniert, aber so was von voll in die Fresse gehauen.

Vielleicht noch eine Andeutung (zu mehr seh ich mich im Moment nicht in der Lage, aber ich möcht ja auch keinen blog-Beitrag vorlegen, sondern zum gemeinsamen Gedankenflug einladen). Ich habe verschiedentlich den Eindruck gewonnen, dass auch ein Monsteraufwand seine Berechtigung in lächerlich Unscheinbarem finden kann. Als Beispiel möchte ich mal eine (natürlich nur grob geschätzte) große Opern-Produktion nehmen. Monatelange Arbeit, mit Chor und Statisten über 100 Akteure, wenn man alles zusammenzählt, hunderttausende an Deckungslücken. Und das ganze steht und fällt damit, an welchen 3 oder 4 von den insgesamt vielleicht 12 Abenden ein paar Takte der zentralen Arie wirklich Raum schaffen für eine Erfahrung von einer Tiefe und Intensität, die man nicht erwartet hätte - und natürlich meist nicht so ohne weiteres in Worte fassen kann.

Für die Leute, die eh immer schon wussten, dass Hochkultur eben wegen des Aufwandes von allen Seiten sich eigentlich nicht gehört, fällt mir noch ein anderes Beispiel ein (dann hör ich auf, ich schwör!): Man muss sich die Chuzpe wohl erst einmal zutrauen, die dazu gehört, auf einem großen Festival, d.h. zu einem großen Teil vor "fremdem" Pulikum, das eher schon ziemlich abgekämpft ist, einen Titel hinzustellen, wie es Wir sind Helden mit Darf ich das behalten gemacht haben. Natürlich kann sowas schief gehen, und der Song tut einem leid. Aber es kann auch gelingen, (fast) alle miteinander in das Auge des Sturms zu locken.

http://www.youtube.com/watch?v=WvU3RQfEvmE

Und ich habe das Gefühl, es könnte sich lohnen, den ganzen Monster-Affenzirkus in Baku einmal so zu betrachten, als biete er nur den Hintergrund oder die Flaschenpost für diesen Schrei.

Sorry, doch noch 2 PS:

1. Vielleicht leichter zugänglich ist die englischsprachige, deutlicher jarr-orientierte Fassung:

http://www.youtube.com/watch?v=YQh0vB2dFzk

2. Und süß fand ich Lenas Reaktion auf Niggemeiers, "anstrengend, aber großartig, finden wir": Einfach mal nachfragen - "Ironie oder ernst". (Als Antwort kam auch ganz ironiefrei: ernst.)

ptp
23.05.2012, 16:07
Mir ist der Beitrag gestern zum ersten Mal aufgefallen - durch das Video mit den Kindern und der Kreide - und ich muss sagen, dass er auch mich beeindruckt hat. Normalerweise halte ich nicht viel von osteuropäischer Klage-Musik, aber Suus ist anders. Man merkt, dass die Interpretin das Lied selbst geschrieben hat, es passt wirklich ausgezeichnet zu ihr und die Interpretation wirkt sehr glaubwürdig und berührt.

rix
23.05.2012, 16:30
Ich hab mich ja schon an anderer Stelle als Fan von Suus geouted.

Wie kam's? Ich habe vor ein paar Wochen alle Songs, als sie als Videos vorlagen, durchgehört. Und zwar in der alphabetischen Reihenfolge der Länder. Es fing also mit Albanien an. Ich hörte die ersten Moll-Takte, sah das Grau-in-Grau der ersten Kameraeinstellung und wunderte mich noch über den dunklen Klotz, in dem Rona Nishliu steht, als sie leise ihre Stimme erhebte und zu singen anfing.

Von dem Moment an bis zum dramatischen Ende saß ich - wahrscheinlich mit angehaltenem Atem und offenem Mund - vor dem Bildschirm. Der Song hat mich jede Sekunde derartig fasziniert, mich geradezu gefesselt und emotional derartig gepackt, dass ich am Ende froh war, dass er vorbei war. Sonst hätte ich noch Depressionen bekommen oder Suizid begangen (nee, nicht wirklich). Und das obwohl ich kein einziges Wort des Textes verstanden habe. Kein anderer Beitrag der folgenden 41, die ich mir dann noch angehört habe, hat mich derartig geflasht.

Und während viele anderen Songs durch ihr Video gewinnen bzw. auf der Bühne extremst abfallen, kann Rona Nishliu diese unendliche Traurigkeit auch auf der Bühne vermitteln - und das obwohl die Frau - ich sage es mal so - nicht der Hingucker ala Griechenland, Zypern oder Rumänien ist. Ganz großes Kino!

Ich bin sehr froh, sie im Finale noch einmal zu hören. Und ganz, ganz heimlich wünsche ich mir, dass ich sie sogar zweimal hören darf ;)

LilyHydrangea
23.05.2012, 22:12
Ich muss zugeben, dass ich den Anfang des Liedes richtig schön finde, aber ab dem ersten Refrain (falls dieses Lied überhaupt einen hat, denn irgendwann hab ich nur noch "Schreien", zumindest hab ich es so genannt, ihr habt sicher andere Worte dafür, gehört und konnte keine Struktur in dem Lied mehr ausmachen. Aber das ist nicht zwingend etwas Schlechtes) wird mir ihre Stimme dann irgendwie zu... laut. Verzeiht mir bitte, aber außer "Schreien" fällt mir da kein Wort zu ein, tut mir echt Leid. Jedenfalls hört sich das Lied für meine Ohren echt furchtbar an. Aber ne Stimme hat diese Frau, das kann man ihr wohl nicht absprechen. Nur finde ich, man kann auch zu viel Stimmgewalt haben und damit einen Hörer erdrücken. Deshalb finde ich die Art, wie Rona ihre Stimme in diesem Lied einsetzt, schrecklich. Erdrückend. Und nichtmal positiv erdrückend, sondern einfach schwer zu ertragen.

Lisa Mitchell
23.05.2012, 22:34
Ich habe mir jetzt auch mal die Übersetzung und das Video angeguckt, es stimmt schon, irgendwie finde ich es auch fesselnd, aber dieses "Schreien" ist einfach anstrendgend zu ertragen... Und es gibt bei mir häufiger Lieder, die ich kann ich manchmal sehr gut hören und manchmal finde ich sie so schrecklich/nervig/langweilig... (z.B. auch "Leider geil" :D )

[fliP]
23.05.2012, 22:38
Das Wort, das bisher am häufigsten zu diesem Song gefallen ist, ist anstrengend. Geht mir ganz genauso. Aber irgendwie hat es auch etwas. Ist halt wohl mehr Kunst als Unterhaltung.

pLENArium
23.05.2012, 23:51
;363475']Ist halt wohl mehr Kunst als Unterhaltung.

...vergleichbar mit Free-Jazz oder Zwölftonmusik. Fand´s prinzipiell gar nicht mal so übel, aber im Kontext zum ESC ein wenig deplatziert (aber warum denn eigentlich nicht ?) - jedenfalls viel interessanter als "wackel mit dem Popo" ;)

Doktor Landshut
24.05.2012, 00:00
;363475']Das Wort, das bisher am häufigsten zu diesem Song gefallen ist, ist anstrengend. Geht mir ganz genauso. Aber irgendwie hat es auch etwas. Ist halt wohl mehr Kunst als Unterhaltung.

Naja, es tut so als sei es Kunst oder gar Avantgarde, ne Spur weniger pathetischer Gestus und es würde gut als Filmmusik durchgehen können.

Neue Dänin
24.05.2012, 00:05
So polarisierend finde ich es nun nicht. Besser als vieles, was man sonst im 1. Halbfinale zu hören bekam, aber einen wirklich bleibenden Eindruck hat es, zumindest bei mir, nicht hinterlassen.

Randwer
27.05.2012, 02:50
Ein ordentlicher 5. Platz ist heraus gesprungen. Anke Engelke hat ihre Sympathie für diesen Song auch deutlich gemacht.

Lars
27.05.2012, 03:29
Im Finale klang es deutlich besser als im Halbfinale, wo ich das "Schreien" teilweise etwas arg neben dem Ton fand. Im Finale hingegen klang es freundlicher und wohlklingender im Ohr. Aber vielleicht lag es auch daran, dass ich Niggis Rat gefolgt bin und mich beim Zuhören im Finale konzentriert habe, während ich es im Halbfinale eher nebenbei laufen ließ.
Meine Art von Musik ist es aber immer noch nicht und wird es wohl auch nicht mehr werden.

Randwer
27.05.2012, 12:48
Meine Art von Musik ist es aber immer noch nicht und wird es wohl auch nicht mehr werden.
Das ist durchaus möglich. Neulich hatte ich im Radio eine Reportage gehört, in der behauptet wurde, dass der Musikgeschmack eines Menschen sich nach dem Alter von - ich Glaube es war so Mitte Zwanzig - kaum noch ändern würde, weil man dann durch sein Umfeld bereits in seinen Hörgewohnheiten so stark beeinflusst worden ist.

Ich, für meinen Teil, kann das allerdings nicht bestätigen, denn ich erweitere mit mittlerweile Mitte Vierzig meine musikalische Präferenzen immer noch, besonders in den letzten drei, vier Jahren. Es mag daran liegen, dass ich immer eher der Außenseiter war.

Doktor Landshut
27.05.2012, 13:02
Das ist durchaus möglich. Neulich hatte ich im Radio eine Reportage gehört, in der behauptet wurde, dass der Musikgeschmack eines Menschen sich nach dem Alter von - ich Glaube es war so Mitte Zwanzig - kaum noch ändern würde, weil man dann durch sein Umfeld bereits in seinen Hörgewohnheiten so stark beeinflusst worden ist.

Ich, für meinen Teil, kann das allerdings nicht bestätigen, denn ich erweitere mit mittlerweile Mitte Vierzig meine musikalische Präferenzen immer noch, besonders in den letzten drei, vier Jahren. Es mag daran liegen, dass ich immer eher der Außenseiter war.

Ziemlich gewagte These. Wenn ich manches heute höre, was ich früher gut fand, kommt mir das kalte Grausen ;).

Fluxxxie
27.05.2012, 13:05
Meine simple Erkenntnis:
Bisher immer auf Billigcomputersound gehört => Schrott
Finale auf guter Anlage => Hui, hat was. Wow.